23/11/23 Vermag uns abgebrühte heutige Hörer Mozart noch zu verstören? Hängt vom Dirigenten ab. Riccardo Minasi gelingt es fast. Und zwar mit – man ist versucht zu sagen, spielerischer – Leichtigkeit. Nikolaus Harnoncourt und die von ihm exekutierte „Klangrede“ hin oder her: Minasi übertrifft sie durch seine gestalterisch aus den Noten geschürften Ideen.
/02/11/23 Wie „russisch“ ist Rachmaninoff? Glinka oder Tschaikowsky, Mussorgsky oder Rimsky-Korsakoff sind mit der russischen Folklore und der „russischen Seele“ verbunden. Bei Sergej Rachmaninoff schwingen das amerikanische Exil und ein symphonisch-cineastischer Sound mit. Gerade wieder zeigt sich dieser Spannung in einer Neuaufnahme aller Klavierkonzerte.
30/10/23 Terribilis est locus iste, die Wiege der Renaissance als ein furchtgebietender Ort? Wenn Julian Podger, derzeit der Vordenker der Gothic Voices, die Huldigung auf die Stadt Florenz ausgerechnet mit diesem gregorianischen Gesang beginnt, will er das Wort „terribilis“ in seiner Mehrdeutigkeit erfasst wissen.
06/10/23 Als er die „minniglich Maid“ im Gras auf grüner Heide „im Kittelkleid so lieblich vor sich prangen sah“ – da war's wohl geschehen um den Mönch von Salzburg, da hat es ihm das Herz „aus den angen“ (Angeln) gehoben. Nehmen wir an, dass er es mit der Keuschheit so tierisch ernst nicht gehalten hat.
06/08/23 Kaum zu glauben: Das Mozarteumorchester hat bislang 248 (!) Kompositionen Mozarts aufgenommen – und es gibt noch immer weiße Flecken. Diese zu füllen, scheint ein Projekt des designierten Chefdirigenten Gonzáles-Monjas zu sein. Zu den Festspielen erschien, als erste einer neuen Serie, eine hörenswerte CD mit zwei Serenaden.
18/17/23 Die japanische Geigerin aus der Salzburger Schmiede von Sándor Végh und Helmut Zehetmair hat eins ihrer Zelte in Köthen aufgeschlagen. Als Ergebnis präsentiert eine jüngst erschienene CD ein Programm des Festivals Bachfesttage aus dem Vorjahr: Das dortige BachCollektiv unter Midori Seilers Leitung lässt damit die Herzen aller Bach-Fans höher schlagen.
17/07/23 Als Musikchef über die vier Hamburger Hauptkirchen hatte Thomas Selle (1599-1663) den Top-Job in der evangelischen Kirchenmusik seiner Zeit inne. Aber wer hat je Musik von ihm gehört?
05/07/23 Die Berliner Philharmoniker präsentieren auf ihrem eigenen Label Editionen von Konzertaufnahmen und Gesamteditionen von Sinfonien. Ganz neu: Dimitri Schostakowitsch monumentale Sinfonien Acht bis Zehn unter Kirill Petrenko.
28/06/23 Da wäre man gerne die legendäre Stubenfliege mit gutem musikalischen Gehör gewesen: Johann Stephan Kleinknecht, ein sehr guter Querflötist, musste sich täglich in Bayreuth zu seinem Dienstherrn, dem Markgrafen Friedrich, begeben und mit dem Chef, einem nicht minder tüchtigen Querflötisten, gemeinsam musizieren.
20/06/23 Lange brauchte man in Klosterbibliotheken im Donauraum, in Tschechien, Mähren und der Slowakei nicht zu suchen nach Musik von Amandus Ivanschiz. Freilich sucht heutzutage keiner mehr – außer dem immer neugierigen Geiger Gunar Letzbor, der einige Stücke des komponierenden Paulinermönchs in Lambach ausgegraben hat.
07/06/23 Der großartigen amerikanischen Sopranistin Renée Fleming widmet die DECCA ein Doppelalbum mit legendären Aufnahmen von ihren zahlreichen Auftritten an der Metropolitan Opera New York. Es dokumentiert die unglaubliche Bandbreite ihres Repertoires von Mozart bis Verdi, Strauss bis Tchaikovsky und Lehár bis Korngold.
07/04/23Christi Mutter stand mit Schmerzen bei dem Kreuz und weint von Herzen... Viele Komponisten vertonten die Sequenz vom Leid Mariae. Legendär ist Pergolesis Stabat mater. Joseph Haydns Version ist vergessen. Dürfte ihm selber zu langweilig gewesen sein. Er bat Sigismund Neukomm, Komponist und Spion, um mehr Bläserstimmen. Sie peppen das Werk gehörig auf.
06/04/23 „Von A bis Z“ sagen wir, wenn etwas besonders gründlich abgehandelt wird. Für viele der biblischen Klagelieder des Jeremia trifft das wortwörtlich zu. Aleph, Beth, Ghimel und so weiter. Jeder Gesang beginnt mit einem Buchstaben, in alphabetischer Folge.
10/03/23 Wenn immer wieder einmal eine Stimme des beängstigend dichten A-cappella-Gefüges sich harmonisch aufreizend mit ihren Nachbarn reibt, kommt einem die Musik des Gesualdo da Venosa in den Sinn. Aber der kam erst 1566 zur Welt – da war Vicente Lusitano möglicherweise gar nicht mehr am Leben.
24/02/23 Auf dem Cover prangt groß das Symbol für die Zahl Pi. Für Concerto Köln als Originalklangspezialisten geht es jedoch nicht um Mathematik. Sondern um einen Komponisten mit Pi. Mit Konzertmeisterin Mayumi Hirasaki gilt der Einsatz dem zu Unrecht im Schatten Bachs stehenden Johann Georg Pisendel.