Erotische Verbundenheit mit der Welt
GOLDEGGER DIALOGE / 40-JAHRE-JUBILÄUM
14/06/22 Fritjof Capra schrieb vor vierzig Jahren seinen Beststeller Wendezeit. Genau so alt sind die Goldegger Dialoge, die heuer unter dem Motto stehen: Verbunden sein. Für eine neue Weltbeziehung. Der in Berkeley/USA lebende und lehrende Physiker und Vordenker kommt zwar nicht selbst nach Goldegg, aber er wird per Zoom live zugeschaltet.
Von Reinhard Kriechbaum
„Immer wieder befassten wir uns bei den Goldegger Dialogen, den Herbstgesprächen oder unseren Jahresthemen mit unserem Verhältnis zur Umwelt, zur Natur, mit den notwendigen Änderungen in unserem Lebensstil“, erklärt Cyriak Schwaighofer. Kernthema der morgen Mittwoch (15.6.) beginnenden vierzigsten Goldegger Dialoge sei die „Erkenntnis, dass wir die großen Herausforderungen, die auf uns zukommen, nur in Verbundenheit bewältigen“ können. Cyriak Schwaighofer war Jahrzehnte lang bei den Grünen engagiert. Da wundert es natürlich nicht, dass er sagt: „Alles ist mit allem verbunden“ ist eine Erkenntnis, die sich immer breiter durchsetzt. „Wir brauchen Empathie für den gesamten Planeten Erde und eine neue 'Weltbeziehung' – einen anderen Umgang mit allen Menschen, mit der Tier- und Pflanzenwelt und mit (scheinbar) 'toter' Materie.
Die Erkenntnis der „Allverbundenheit“ fordert uns auf, ein neues Verhältnis und Verhalten gegenüber Mit- und Umwelt zu entwickeln und zu leben.“
Dies ist also der Tenor der diesjährigen Vorträge, Gespräche und Workshops. Der Berliner Biologe und Philosoph Andreas Weber hält den Eröffnungsvortrag mit dem Titdel Alles fühlt!? Die Entdeckung der erotischen Ökologie. „Wir sollten uns der indigenen Weisheit besinnen, dass wir bei unserem Tun nach dem 'Sieben-Generationen-Prinzip' denken und handeln sollen“, so Andreas Weber. Davon ist nicht nur die Politik weit entfernt.
Leo Tolstoi war zwar Russe und wird derzeit nicht so furchtbar gern zitiert, aber schon er formulierte: „Es muss eine Änderung der Lebensweise kommen. Aber diese Änderung darf nicht durch äußere Umstände, sie muss in der Seele bewirkt werden.“ Empathie gegenüber unserer Mit- und Umwelt hält nicht nur der Gehirnforscher Joachim Bauer für essentiell. Der Soziologe Harmut Rosa setzt auf die seelische Resonanz: Von ihr erwartet er „dass wir uns von diesen Welt-Dingen so erreichen, berühren und bewegen lassen, dass wir darauf in unserem Handeln und Denken eine Antwort zu geben vermögen, mit der wir uns selbst, aber eben auch die Welt um uns immer wieder verändern.“
Weitere Hauptreferentinnen und -referenten bei den 40. Goldegger Dialogen sind die Tiefenökologin Gabi Bott, die Gründerin der „Be-the-change-Stiftung“ Vivian Dittmar, der Begründer der Gemeinwohl-Ökonomie Christian Felber, die Nonne und Autorin Melanie Wolfers und der Klima-Philosoph und Historiker Philipp Blom.