asdf
 

O reichet den Revolver mir

HINTERGRUND / SOMMERNACHTSTRAUM / THEATERACHSE

26/06/24 Die Feenkönigin verliebt sich unter Drogeneinfluss in einen Esel, während vier urige Handwerker als Hochzeitsgabe für den König und die Amazone ein feinsinniges Theaterstück proben. Die Liebes-Welt von vier jungen Leuten steht Kopf. Ein wild gewordener Elf fördert das Chaos.

Von Heidemarie Klabacher

https://www.theaterachse.com/wp-content/uploads/2024/02/theaterachse_sommernachtstraum_copyright-andreas-hechenberger_1-scaled.jpgEin Sommernachtstraum von William Shakespeare. Poetisch. Urkomisch. Menschlich. Feen und gewöhnliche Sterbliche – Liebespaar oder Bautrupp, König oder Amazone – taummeln im gnadenlos von erotischen Kräften angetreibenen Reigen... Das „alte“ Englisch von Shakespeare, eine Herausforderung für Native-Speaker, wie etwa der Simplicissimus von Grimmelshausen für Deutsch-Muttersprachler, bescherte der Theaterwelt wunderbare Übersetzungen. Klassiker ist natürlich die Übersetzung von August Wilhelm von Schlegel – obwohl Deutsch schwingend und swingend in Versen. Der 2020 verstorbene Maik Hamburger,  legendärer Dramaturg des Deutschen Theaters in Berlin und einer der wichtigen Shakespeare-Kenner im deutschsprachigen Raum, hat vielfach aufgeführte Übersetzungen hinterlassen. Und natürlich Erich Fried... Geistesgrößen und Sprachgenies haben sich an Shakespeare erprobt.

Arme Engländer! Sie haben immer nur diesen einen Shakespeare-Text, dieses schwierige alte Original. Wir dagegen, wir Deutschen, haben ziemlich viele Shakespeare-Übersetzungen unterschiedlichster Qualität, und das macht die Sache natürlich spannend. Wieland war der erste, er konnte allerdings kaum Englisch und übersetzte noch in Prosa. Kanonisch die Schlegel-Tieck-Übersetzung, die wahrscheinlich noch bei jedem heutigen Neu-Übersetzer unter dem Kopfkissen liegt. Fast jeder Theatermann, der auf sich hält, hat einmal Shakespeare übersetzt, nicht unbedingt textgenau, aber eben nach eigenem Gusto und für eine eigene Aufführung – das bringt nebenbei übrigens viel Geld. Was aber ist eine gute Übersetzung?“ Das ist ein Zitat aus einem Porträt von Christian Gampert, 2014 im Deutschlandfunk, über den Übersetzer Frank Günther. Dieser sagt in dem Portrait: „Der Blankvers ist ja eine völlig überholte, nicht mehr genutzte lyrische Form, aber ich dachte, dass die Sprache eine andere Qualität bekommt, wenn sie über ein rhythmisches Metrum läuft. So war die andere Aufgabe: Wie schreibe ich einen Blankvers, der nicht klingt wie O reichet den Revolver mir?

Übersetzungen und Bücher von Experten über die Kunst, das Erlaubt- oder das Überhaupt-Möglichsein von Übersetzung gibt es Regalmeterweise. Klug also die Entscheidung des Theatermachers Mathias Schuh, für die Neuproduktion des Sommernachtstraums die Übersetzung an eine Künstliche Intelligenz auszulagern. In der Bearbeitung der theaterachse wurde eine Strichfassung (also ein gekürzter Text) aus dem englischen Original mit Hilfe von chatGPT übersetzt. „Wobei den jeweiligen Figurenpaaren und den Handwerkern die Stile verschiedener Dramatiker zugewiesen wurden“, erklärt Mathias Schuh, der künstlerische Leiter der theaterachse. Die Dialoge des Feenkönigspaares Titania und Oberon seien im Stil von Kleist, die Handwerkerszenen im Stile Nestroys übersetzt worden. „Dadurch ergibt sich eine ganz eigene Rhythmik. Wobei anzumerken ist, dass alle Übersetzungen stark überarbeitet werden mussten, da sich chatGPT nicht unbedingt als Literat erwiesen hat.“ Da verweisen Witz und Selbst-Ironie das per se unsinnige Ansinnen, Weltliteratur dem Computer auszuliefern, auf die Ränge. „Dennoch hat diese Herangehensweise durchaus ihren Reiz“, so Schuh und verspricht Witz und Leichtigkeit und Musik.

Bilder: Theaterachse / Andreas Hechenberger
Ein Sommernachtstraum – Premiere ist am Freitag (28.6.) um 20 Uhr in der Kunstbox Seekirchen. Die zweite Aufführung folgt am Sonntag (30.6.) ebenfalls um 20 Uhr im Clubsalon Freiraum in Aigen. Weiter geht es mit einer Serie von 4. bis 7. Juli jeweils um 19.30 im Off Theater Salzburg. Danach folgen von 10. bis 20. Juli Termine jeweils um 20 Uhr im Theater Mildenburg im deutschen Miltenberg. Den Abschluss bilden zwei Aufführungen am 26. und am 27. Juli in der Gärtnerei Tautermann in Schwarzach/St. Veit – www.theaterachse.com
Zum Porträt über den Übersetzer Frank Günther 
www.deutschlandfunk.de

 

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014