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Heile Familie, heile Welt?

BUCHBESPRECHUNG / SCHMIDT / DIE UNTALENTIERTE LÜGNERIN 

04/10/19 „Seit ihrer Ankunft vor ein paar Wochen schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Maren hatte keine Ahnung, wie ihr Leben weitergehen sollte, wusste nur, dass sie bald wieder weg wollte.“ – In Eva Schmidts jüngstem Roman Die untalentierte Lügnerin steht eine junge Frau am Scheidepunkt ihres Lebens.

VON VERENA RESCH

Maren ist eine junge Frau, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hat. Nachdem sie ihr Schauspielstudium abgebrochen hatte und wegen einer Ess-Störung in einer Klinik behandelt wurde, zieht sie wieder zu ihrer Mutter. Die ist eine egozentrische Künstlerin, die nur um sich selbst kreist. Überhaupt herrscht zwischen den Figuren im Roman eine große Distanz, nicht nur zwischen Maren und ihrer Mutter. Auch die beiden Brüder Igor und Ruben haben sich zuerst räumlich und dann auch emotional immer mehr von Maren entfernt.

Eva Schmidt erzählt in ihrem Roman von den Versuchen Marens, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Obwohl sie zuweilen eher lethargisch und wenig anpackend wirkt, zeigt sie einen starken Willen und ist nicht bereit, vor ihrem Leben, das einem Scherbenhaufen gleicht, zu kapitulieren.

Die untalentierte Lügnerin erzählt aber nicht nur die Geschichte einer jungen Frau die versucht, ihren Platz im Leben zu finden. Vor allem zwischenmenschlichen Beziehungen gilt das Interesse der Autorin. Diese sind aber stets zerrüttet, die Menschen haben sich emotional voneinander entfernt. Auch die Ehe zwischen Marens Mutter und ihrem Stiefvater Robert ist nicht mehr intakt.

Es stellt sich heraus, dass die Wohnung, die Robert seiner Stieftochter zur Verfügung stellt, vor allem für eheliche Auszeiten genutzt hat und viele seiner angeblichen Geschäftsreisen nur ein Vorwand waren. Diese Enthüllung, die er seiner Stieftochter gegenüber macht, ist dabei längst nicht das Beunruhigendste: Es sind die unangemessen erscheinenden Berührungen, die sowohl Maren als auch den Leser zunehmend misstrauischer werden lassen. Und schließlich ist da noch diese Geschichte über Ellen, die Maren zu schreiben beginnt. Ellen ist eine junge Frau, die ihr ungeborenes Kind abtreibt, als dessen Vater mehrere Männer in Frage kommen – unter anderem Ellens Stiefvater...

Zwischen den Personen in Eva Schmidts Roman schwelen also zahlreiche Konflikte. Die Autorin zeigt dabei auf, dass trotzdem nicht alles dramatisch und voller Pathos sein muss. Sie beherrscht einen unaufgeregten Erzählstil, der vor allem die Zwischentöne und das Unausgesprochene zum Vorschein bringt und gerade dadurch nachhaltig beeindruckt. Und so leise und unauffällig, wie es dem Stil des gesamten Romans entspricht, eröffnet sich schließlich für Maren in Gestalt des Fotografen Thomas die Chance auf einen Neubeginn…

Eva Schmidt: Die untalentierte Lügnerin. Roman. Jung und Jung Verlag, Salzburg 2019. 210 Seiten, 22 Euro. Auch als e-book erhältlich - www.jungundjung.at

 

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