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In Salzburg lange nicht weltberühmt genug

BUCHBESPRECHUNG / CHRISTIAN DOPPLER

17/02/17 „Das elektronische Zeitalter bietet Gelegenheit, um dem Doppler-Effekt zuzuschauen“, schreibt Clemens M. Hutter, der immer drauf bedacht ist, Information auch zu erden und anschaulich zu machen. Ein Tempoanzeiger in Tamsweg zeigt dem Lenker, ob er das rechte Tempo gewählt hat bei der Ortseinfahrt.

Von Reinhard Kriechbaum

Das Heulen der Motoren bei jedem Grand Prix, aber auch der akustische „Knick“, wenn ein Rettungsautor vorbefährt: Das ist der Dopplereffekt, den wir natürlich alle in Physik erklärt bekommen haben. Dass die Nervenklinik in Salzburg „Christian Doppler Klinik“ heißt, ist höchst sinnvoll, wird doch der Dopplereffekt, also die Messung von Wellen am bewegten Objekt, auch in der Medizin genutzt. Ist Christian Doppler in Salzburg so weltberühmt, wie es ihm eigentlich zustünde? Bei weitem nicht, findet nicht nur Clemens M. Hutter, der im Pustet-Verlag eine gut lesbare Biographie vorlegt.

Was macht das Buch so lesenswert? Hutter ist einer, der immer einen Schritt weiter denkt und Fragen eigentlich beantwortet, bevor sie noch so recht auftauchen. Eine Jugend in Salzburg: Da findet Clemens M. Hutter quasi unter dem Satz zu Perspektiven, nach denen man nicht unbedingt in einem Buch über einen Physiker suchte: Wo hat eigentlich die Familie Doppler, ansässig in jenem Haus am heutigen Markartplatz (damals Hannibalplatz), das dem Landestheater genau gegenüber liegt, ihr Trinkwasser her bekommen? „Im Gebäude gab es kein Fließwasser und daher auch kein WC, denn die Versorgung der Salzburger Wohnungen mit Leitungswasser begann erst mit dem Jahr 1875. So mussten die Dopplers ihr Wasser kübelweise bei den öffentlichen Brunnen im Knick der Bergstraße oder vor dem Gablerbräu holen. Die städtische 'Druckwasserversorgung' leitete dann die 1875 fertiggestellte Wasserleitung von Fürstenbrunn zum Reservoir auf dem Mönchsberg ein. Fortan blühte das Geschäft der Installateure, bis um 1900 alle Häuser und Stockwerke mit frischem Brunnenwasser versorgt waren. Stellt man sich nun vor, dass die Salzburger in den Hinterhöfen der Altstadt noch bis 1868 Schweine hielten, so kann man sich die hygienischen Umstände zur Zeit Dopplers ausmalen.“

So tickt Clemens M. Hutter, wenn er ein Sachbuch schreibt. Denselben Reichtum an Gedankensprüngen findet man auch, wenn er die schulische Laufbahn Dopplers beschreibt: Da bekommt man höchst anschaulich vermittelt, wie Salzburg damals – wir sind in der Zeit unmittelbar nach den napoleonischen Kriegen und nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit unseres Landes – gleichsam im eigenen Saft schmorte (und das auf niedriger Temperatur). Lustiges Gymnasialleben? „Zu unterlassen seien weiter die 'Schädlichkeit des Romanlesens, unschicklicher Tabakkonsum und der Besuch von Cafés und Gasthäusern'. 'Exclusion' drohe jedem Studenten, der 'bey einer jungen ledigen Weibsperson Quartier nimmt' oder gar bei 'Unkeuschheit' ertappt wird.“ Mag sein, dass viele dieser akribisch recherchierten Dinge nicht zum Thema gehören, aber Clemens M. Hutter macht so greifbar, dass das Reifen eines bahnbrechenden Mathematikers und Physikers im Salzburg der „stürmischen Zeiten“ alles andere als selbstverständlich war.

Doppler 1835 auf der Reise nach Prag: Zuerst ging es mit der Postkutsche nach Linz. Dort stieg er in die eben erst vorwiegend für den Salztransport fertiggestellte Pferdeeisenbahn nach Budweis um, die um 5 Uhr morgens startete und für die 130 Kilometer bis zum Ziel elf Stunden benötigte. Ab dort ging es wieder mit der Postkutsche bis Prag. Die Reise dauerte fünf Tage und kostete rund 140 Euro, was etwa drei Wochenlöhnen eines Arbeiters entspricht, vier Nächtigungen nicht eingerechnet. Doch Doppler konnte sich das mit seinem Jahresgehalt von umgerechnet 20 000 Euro leisten (...)“. Kein Wunder, dass wir sogar die Höhe der Mitgift – die junge Dame entstammte einer Salzburger Gold- und Silberschmied-Familie – erfahren.

Ach ja: Der Doppler-Sterig auf den Untersberg ist nicht nach Christian Doppler benannt, sondern nach dessen Großneffen Ludwig, der diesen exponierten Anstieg 1875 schlagen ließ.

Ausgiebig geht der Autor ein auf die hierzulande reichlich spät einsetzende Aufmerksamkeit für Christian Doppler. So heißt ein Gymnasium erst seit 1995 nach ihm. Doppler ist übrigens in venedig gestorben, und so kommt es, dass so gut wie alle Familienmitglieder im Sebastiansfriedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden haben – Christian Doppler aber liegt an der Meerluft von San Michele.

Clemens M. Hutter, Christian Doppler, Der für die Menschheit bedeutendste Salzburger. 176 Seiten, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2017, 10.95 Euro – www.pustet.at
Zur Leseprobe Der späte Doppler-Effekt: vierzehn Nobelpreise

 

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