Wo Schriftsteller sich zu Hause fühlten
HENNDORF / LITERATURZENTRUM FREUMBICHLERHAUS
03/12/12 Am Sonntag (2.12.) übernahm Wichard von Schöning, Obmann des Vereins Literaturhaus Henndorf, den Schlüssel für das neue Literaturzentrum.
Das 300 Jahre alte Geburtshaus von Johannes Freumbichler, dem Großvater des Schriftstellers Thomas Bernhard, wurde von der Gemeinde Henndorf gekauft und in den vergangenen Monaten renoviert. Bis Ende März 2013 soll noch die Inneneinrichtung fertiggestellt sein. Ab dann wird das Literaturhaus öffentlich zugänglich sein.
Beim Festakt zur Schlüsselübergabe wurde auch erstmals ein Dokumentarfilm über den Umbau des Freumbichlerhauses präsentiert. Darüber hinaus stellt der Film die wichtigsten Literaten Henndorfs anhand prägnanter Sätze, Aufnahmen von deren Wirkungsstätten, Zeitzeugeninterviews und altem Bildmaterial vor. Dieser Film, der von den kulturellen Sonderprojekten des Landes Salzburg finanziell unterstützt wurde, soll dann auch im entstehenden Literaturarchiv zu sehen sein.
Seit Ende der 1920er Jahre bis zum Anschluss im Jahr 1938 galt Henndorf als Zentrum der deutschsprachigen Literatur- und Theaterszene. Hier lebten und arbeiteten unter anderem Ödön von Horvath, die Brüder Richard und Carl Mayr sowie Carl Zuckmayer. Letzterer schuf ab 1926 in der Wiesmühl einen Ort der Begegnungen, durch seine Initiative entstand in Henndorf eine Hochburg literarischen Schaffens.
Das neue Literaturhaus soll zu einem Zentrum für Lesungen, Diskussionen, Kinder- und Jugendprogrammen, Theaterproduktionen und Workshops werden, ebenso wie ein Ort der literarischen Spurensuche. Es soll die Begegnung mit Literatur ermöglichen und den öffentlichen Diskurs über Literatur und Landschaft fördern.
Neben einem Auditorium mit Medienleinwand und einem Literaturmuseum wird im ersten Stock des Freumbichlerhauses das Tagebucharchiv Austria angesiedelt, wo schriftliche Zeugnisse von Menschen aus allen Lebensbereichen gesammelt werden sollen. Bereits jetzt liegen 21 Manuskripte vor, in denen Menschen aus ganz Österreich ihre ganz persönlichen Schicksale schildern, wobei natürlich die Kriegs- und Nachkriegszeit breiten Raum einnimmt. Im Licht des Holocaust nicht zu vergessen: Bereits im 19. Jahrhundert hatte der oberösterreichische Dichter Franz Stelzhamer, ein radikaler Antisemit, in Henndorf Quartier genommen.