Ein Stück Apokalypse und Sphärenklänge
MUSIKTAGE HUNDSMARKTMÜHLE
22/06/22 Kriegsgefangenenlager sind ja leider wieder Realität in Europa. Ob es da auch Musiker gibt, und ob einer gerade an einem Stück arbeitet wie Olivier Messiaen an seinem Quatuor pour la fin du Temps, mitten im Zweiten Weltkrieg?
Mit diesem Stück beginnen am Donnerstag (23.6.) die diesjährigen Musiktage Hundsmarktmühle. Messiaen vollendete das Quartett um den Jahreswechsel 1940/41 als Insasse des in Görlitz gelegenen deutschen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIII-A. Die Lagerkommandanten hatten Messiaen möglich gemacht, zu komponieren. Ihm wurde auch ein Klavier zur Verfügung gestellt. In den Waschräumen wurde geprobt. Die ungewöhnliche Instrumentierung mit Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier ist den damals gerade im Lager internoierten Musikern geschuldet. Die Uraufführung des kompletten Werkes fand im Lager Görlitz am 15. Januar 1941 vor ca. 400 Kriegsgefangenen statt, der Komponist selbst übernahm den Klavierpart. Noch während des Krieges, 1942, erschien das Stück, eines der gewichtigsten aus dem 20. Jahrhundert, in Druck. „Mit diesem Werk, das von apokalyptischen Zuständen bis zur Ewigkeit der Liebe berichtet, möchten wir auch Bezug auf die aktuelle politische Lage nehmen und ein Ausrufe-Zeichen für den Frieden setzen“, sagt die Pianistin Cornelia Herrmann. Sie ist die Leiterin der Musiktage Hundsmarktmühle
Gewichtiges also zum Auftakt, dem tags darauf ein Kammermusikprogramm unter dem Motto Sphären folgt. Da findet ein Satz aus Beethovens Geistertrio ebenso Platz wie Leonard Bernsteins Meditation für Cello und Klavier aus Mass, ein Stück von Erwich Wolfgang Korngold und Trois Nocturnes für Klaviertrio von Ernest Bloch.
Dann wird’s gläsern und klangfein: Am Samstag und Sonntag (25./26.6.) ist nämlich das Wiener Glasharmonika Duo zu Gast. Christa und Gerald Schönfeldinger werden einen Kinder/Jugendworkshop leiten und eine Matinee gestalten. Die beiden haben heuer übrigens noch einen Auftritt in Salzburg – am 25. August bei den Festspielen. Um Lucia di Lammermoors Wahnsinn Ausdruck zu verleihen, hat Donizetti in dieser Oper auch die Glasharmonika eingesetzt.
Was hat es mit Benjamin Franklin als Erfinder der Glasharmonika auf sich? Ja, es ist tatsächlich der amerikanische Präsident gemeint. Vor ihm sind freilich andere auf die Idee gekommen, Glas-Glocken ineinander zu stecken und auf einer drehbaren Walze anzuordnen. Tatsächlich hatte Benjamin Franklin – ein kreativer Kopf, dem auch der Blitzableiter zu verdanken ist – die Idee, das Ding mit fußbetriebenem Mechanismus in Drehung zu bringen, so ähnlich wie eine alte Nähmaschine. (dpk-krie)
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