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Lebensglück mit Mietvertrag

NEU IM KINO / NÄGEL MIT KÖPFEN

08/03/13 „Es gehört perfekt“, sagt Marko. Er sei eben „ein Bilderbuch-Mensch“. „Solange das Leben nicht so ist wie im Bilderbuch, zweifle ich.“ Das (Ver-)Zweifeln an und über sich selbst ist Marko Doringers Hauptjob. Filmemacher ist der Salzburger höchstens im Zweitberuf.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber im Zweitjob ist er recht erfolgreich: Mit „Mein halbes Leben“, einer so selbstmitleidigen wie selbstironischen Doku-Analyse des Weltbilds von Dreißigjährigen, hat Doringer 2008 bei der Diagonale in Graz immerhin den Doku-Hauptpreis eingeheimst, und auch beim „New Berlin Award“ und beim Filmfest Bozen gab’s Preise für den besten Dokumentarfilm. Halbes Leben – das war zu relativieren: Halbes Leben bis zum Pensionsantritt vielleicht, berufliche Orientierung, Suche der eigenen Position in einer Welt, die das Orientierung- und Platzfinden nicht so leicht macht.

Die Herzen der Generation fliegen Marko Doringer wahrscheinlich auch diesmal zu. Wieder ist er der Hauptprotagonist. Aber jetzt sind „Nägel mit Köpfen“ gefragt. Mit Marlene gründet er einen Hausstand in Berlin: „Zum ersten Mal gebunden, an eine Frau, durch einen Mietvertrag.“ Echt krass. Ob das Zukunft hat, wenn schon die Gegenwart schwer in den Griff zu kriegen ist? Nicht, dass Marko er etwas hätte gegen die vereinbarte Arbeitsteilung im Haushalt, aber „Du findest es früher schmutzig“, sagt er vorwursvoll zu Marlene. Die sieht das nicht ganz so.

Gut, dass Marko Doringer gut vernetzt ist. Auch diesmal geht er auf Brainstorming unter seinen mitteljungen Freunden. Wie sieht bei denen die Einbürgerung ins bürgerliche Leben aus? Die Familiengründung? Welche Haltegriffe haben sie gefunden? Drei Paare hat sich Doringer zwei Jahre lang vor die Kamera geknöpft. Alle drei völlig normal heutzutage. In Dubai lebt unterdessen das eine Freundespaar, Traumkarriere, aber mit dem Kinderwunsch klappt es nicht. Mit künstlicher Befruchtung ebenso wenig wie mit dem Wunderstein, der die Fertilität heben soll. Silke hat ihn aus dem Basar, „wo sie auch den Weihrauch kauft“.

Werden Jenny und Hannes in Berlin Kreuzberg je einen gemeinsamen Hausstand schaffen? Sie ist Schauspielerin, er Drummer. Die Partnerschaft ist eine Fernbeziehung voller Sehnsüchte. Da wird wohl eine(r) Abstriche machen müssen auf Dauer… Und da sind noch Thomas und Nikola, seit acht Jahren in schwuler fest-Beziehung, Sex „from wild to mild“. Zum Familienglück fehlt noch ein – Hund.

Und der Regisseur, der sich wieder in bewährter Manier (und bewährt manieriert) zur orientierungslosen Haupt-Unperson stilisiert? Als großer Zweifler an sich selbst und an der Welt lugt er unter der Tuchent hervor, die Intellektuellenbrille ist ihm festgewachsedn an der Nase. Er muss einem einfach leid tun, und das sichert auch „Nägel mit Köpfen“ wahrscheinlich den Zugang zu den Herzen nicht nur der Generation wackerer Fünfunddreißigjähriger.

Die Freunde trauen dem Marko Doringer übrigens zu, dass er ein toller Ehemann und Vater würde, wenn er sich nur traute. Und die Freundin? „Du bist ein extremer Beziehungsmensch!“, versichert sie ihm. Wenn er’s schon selbst nicht weiß, sie schätzt ihn sicherlich richtig ein.

Schön, wenn sie zwischendurch ernsthaft ins Sinnieren kommen, all die Prototypen der Generation 35 plusminus. Die Wegsuche ist für alle ein Thema. Ging es vor fünf Jahren eher ums wirtschaftliche Fußfassen, so ist jetzt entschieden die soziale Komponente mehr gefragt, das Sesshaftwerden zu zweit oder gar zu dritt. „Die Zweifelfreiheit – das ist’s“ sagt eine der Frauen. Wer wollte da spontan nicht zum Zwischenbeifall anheben?

„Nägel mit Köpfen“ hat morgen Samstag (9.3.) um 20.15 Uhr im Filmkulturzentrum „Das Kino“ Premiere. Regisseur Marko Doringer ist zu anwesend – www.daskino.at
Am Mittwoch (13.3.) ist „Nägel mit Köpfen“ auch beim Filmfestival „Diagonale“ in Graz zu sehen (11 Uhr, KIZ Royal) – www.diagonale.at
Bilder: www.naegel-mit-koepfen.at

 

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