Fast mehr Alma als Nannerl
KINO / MOZART'S SISTER
25/11/24 Bereits 2010 gab es einen trotz überwiegend guter Kritiken eher wenig beachteten französischen Spielfilm über Nannerl Mozart (Nannerl, la soeur de Mozart). Nun widmet sich ein australischer Dokumentarfilm ihrer Geschichte: Mozart's Sister von Madeleine Hetherton-Miau hatte kürzlich Europa-Premiere im Mozartkino.
Von Andreas Öttl
Dass in den letzten Jahren aufgrund der immer noch sehr geringen Anzahl an Komponistinnen im Repertoire die Suche nach vergessenen weiblichen Komponistinnen Fahrt aufgenommen hat, nimmt der auch in Salzburg gedrehte Film zum Anlass, Nannerls Rolle vor allem im frühen Schaffen ihres Bruders zu beleuchten. Dabei nährt er bis zu einem gewissen Grad auch Spekulationen an einer (Mit)Autorschaft von Nannerl, freilich ohne das Genie Wolfgang Amadés Mozarts in Frage zu stellen. Zu Wort kommen diverse Menschen, die sich mit Mozart sowie der Förderung von Frauen in der Musik beruflich auseinandersetzen, besonders prominent die Salzburger Musikwissenschafterin Eva Neumayr, deren Publikation Maria Anna Mozart. Facetten einer Künstlerin Hauptinspiration für den Film war. Dazwischen hat die australische Regisseurin Madeleine Hetherton-Miau Spielszenen über das Leben der jungen Geschwister gesetzt. Diese naturgemäß etwas künstlich wirkenden Szenen sind aufgrund des Verzichts auf Dialoge zumindest reduziert genug, um nicht allzu sehr in Kitsch abzugleiten.
Der Film ist nicht primär für Musikkenner, sondern eher für ein interessiertes (internationales) Publikum mit noch wenig Bezügen zu Mozart und seiner Lebensgeschichte gedacht. Er liefert vor allem bekannte und erwartbare Bilder wie zahlreiche Postkartenaufnahmen von Salzburg und anderen Städten auf der Welt mit Mozart-Bezug. Auch in den Porträts der im Film vorkommenden Personen wird von der Kamerafrau gelegentlich etwas zu viel mit ästhetisierenden Effekten wie Zeitlupe gearbeitet.
Inhaltlich darf man sich nicht unbedingt viele neue Erkenntnisse erwarten, dennoch gibt der Film einige interessante Einblicke etwa in die gesellschaftliche Rolle von Frauen im 18. Jahrhundert. Er macht spürbar, dass Nannerl sich aufgrund den Konventionen der Zeit kreativ nicht so ausleben konnte, wie sie das möglicherweise gewollt hätte.
Sehr gut schafft der Film auch die Brücke in die heutige Welt und die aktuelle Situation von Komponistinnen. Mitwirkt hat die derzeit blendend vermarktete junge Komponistin Alma Deutscher, die sowohl als Erzählerin als auch als Protagonistin fungiert. Ihre gewinnende Ausstrahlung und ihre Kommentare entstauben den Film und geben ihm eine aktuelle Relevanz. Man könnte sogar so weit gehen, Alma Deutscher und nicht Nannerl Mozart als eigentliche Hauptfigur des Films zu sehen. Dennoch bleibt zu befürchten, dass kaum ein junges Publikum den in Summe doch recht konventionell gemachten Film, der international beim Streamingdienst Sky abrufbar sein wird, ansehen wird.