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Mit dem Fuchs an die Front

HINTERGRUND / ADRIAN GOIGINGER / DER FUCHS

05/01/23 „Es ist eine wunderbare Parabel darauf, was der Mensch sucht und was er hofft zu finden im Leben.“ Das sagt der Regisseur Adrian Goiginger über Der Fuchs. Der Film hat am Samstag (7.1.) im Salzburger Filmkulturzentrum Das Kino Österreich-Premiere und erzählt die Geschichte von Goigingers Urgroßvater.

Von Reinhard Kriechbaum

Über Adrian Goiginger Spielfilm-Debüt Die beste aller Welten ist 2018 ein Preisregen sondergleichen hereingebrochen, nicht nur als Sieger-Spielfilm bei der Diagonale. Auch das Publikum votierte damals in Graz eindeutig für dieses im Salzburger Stadtteil Lehen gedrehte Porträt der suchtkranken Mutter des 1991 in Salzburg geborenen Filmregisseurs.

Insgesamt erhielt Die beste aller Welten fünf österreichische und zwei bayerische Filmauszeichnungen und wurde auch bei mehreren internationalen Festivals mit Preisen bedacht. Dass er nach diesem grandiosen Film mit Verena Altenberger in der Hauptrolle noch einem weiteren Familienmitglied, seinem Urgroßvater, einen Streifen widmen werde, hat Goiginger schon damals angekündigt.

„Mein Urgroßvater wurde hundert Jahre alt und bis zu seinem Tod im Jahr 2017 erzählte er mir die tragischen und hoffnungsvollen Episoden aus seinem Leben“, so Goiginger. „Am meisten berührt hat mich die Freundschaft mit einem Fuchs, den er 1940 ein ganzes Jahr lang während des Krieges bei sich hatte und versorgte. Diese Geschichte ist so unglaublich, dass ich mir als Teenager schon zum Ziel setzte, diese zu verfilmen.“

Die Geschichte des im Pinzgau aufgewachsenen Bauernsohns Franz Streitberger also: Man war damals nicht zimperlich, sein Vater übertrug ob der herrschenden Armut die Vormundschaft über das Kind einem anderen Bauern. Franz Streitberger diente dort als Knecht und ging dann zum (österreichischen) Militär, das dann in der deutschen Wehrmacht aufging. Als junger Soldat entdeckte Franz Streitberger einen in einer Falle verwundeten Fuchswelpen. Den hat er versorgt und mitgenommen an die Front, wo er als Motorradkurier tätig war. Auf diese Freundschaft mit dem Tier projizierte Goigingers Urgroßvater seine eigene Vergangenheit als verstoßener Bauernsohn. „Ich habe als Vierzehnjähriger damit angefangen, die Kriegsgeschichten meines Urgroßvaters mit dem Diktiergerät aufzunehmen“, erzählt Goiginger, der zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass er Filmemacher werden wollte. „Er musste immer lachen, wenn ich zu ihm sagte: Uropa, irgendwann mache ich einen Film aus deinem Leben!“

„Mir geht es darum zu zeigen, dass jeder Mensch – egal, wann er geboren wurde, in welchem Umfeld und wo auch immer – jeder Mensch braucht Liebe und Geborgenheit. Das klingt kitschig. Aber ich bin fest überzeugt, dass das der Antrieb all unserer Handlungen ist. Ich denke, dass mein Uropa durch den Fuchs den Glauben an die Liebe wiedergefunden hat.“

Besonders ergiebig seien die Gespräche mit dem Urgroßvater geworden, als Goiginger gerade seinen Wehrdienst leistete und er Franz Streitberger in Uniform besuchte: „Er bekam ganz große Augen und redete mit mir wie mit einem Kameraden. Der Wehrdienst hat mir insofern etwas gebracht, als dass ich die Welt des Militärs, von der mir erzählt wurde, viel besser verstanden habe.“ Eine weitere wichtige Grundlage und Quelle für den Film war ein Fotoalbum, das 350 Fotos beinhaltete, die Franz Streitberger während des Kriegs gemacht hatte. „Er hatte stets seine Kamera mit Selbstauslöser dabei.“

Trotzdem gehe es ihm nicht um eine historische Abhandlung, erklärt Goiginger. „Ich erzähle aus dem völlig subjektiven Blickwinkel dieses einfachen Bauernjungen.“ Ein großes Anliegen war dem Filmemacher, dass mit echten Füchsen gedreht wird. Und auch die Sprache der Protagonisten sollte so echt wie möglich sein. Alte Pinzgauer Mundart also. „Es gibt nur wenige Leute, die noch so reden. Damit unsere Schauspieler diesen Dialekt richtig lernten, haben wir mit einer Dialektforscherin zusammengearbeitet“, berichtet der Regisseur und Drehbuchautor.

Die Arbeit am Drehbuch nahm vier Jahre in Anspruch,  zwischendurch drehte Goiginger Märzengrund nach einem Bühnenstück von Felix Mitterer. „Angefangen habe ich 2017, Drehstart war 2021. Ich arbeitete mich jahrelang in diese Zeit hinein. Mir zur Seite standen drei Historiker, die das Drehbuch immer wieder gegenlasen. Mir war es zum Beispiel wichtig, den einfachen Soldatenalltag korrekt darzustellen. Denn dieser war nicht im Entferntesten mit krasser Action ausgestattet. Er war bestimmt von Warten, Herumfahren, der Frage, was es zu essen gibt, von Wäschewaschen und Briefeschreiben.“ Dass Franz Streitberger Motorradkurier war, sei auch filmisch sehr reizvoll gewesen, weil es Dynamik, Bewegung und Locationwechsel mit sich brachte. Für die Hauptrolle stand bald der österreichische Schauspieler Simon Morzé fest, der zuvor in der Seethaler-Verfilmung Der Trafikant auf sich aufmerksam machte. Seinen Vater spielt Karl Markovics, Cornelius Obonya ist der Bauer, zu dem Franz als Knecht kommt.

Österreich-Premiere des Films ist am Samstag (7.1.) – bei den drei Vorstellungen an diesem Tag (12.30, 16 Uhr und 19.30) sowie auch am Sonntag (8.1.) um 12.30 Uhr sind der Regisseur und sein Team zu Gast – www.daskino.at
Eine weitere Filmpremiere im Das Kino am Sonntag (8.1.) um 16 und 19.30 Uhr – Sturm am Manaslu über die dramatisch verlaufene Tiroler Himalaya-Expedition 1972. Regisseur Reinhold Messner ist anwesend
Bilder: Alamode / Panda Filmverleih

 

 

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