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Ein Daumenkino zur Erinnerung

GRAZ / DIAGONALE / SALZBURGER BEITRÄGE

11/06/21 Zwei Film-Minuten, in denen man weinen möchte. Über einen jungen Menschen, der als Zwölfjähriger bei einem Unfall ums Leben kam. Und über seinen Vater, der als Filmemacher eine seiner Kunst gemäße Art fand, an seinen Sohn zu erinnern.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Rede ist von dem aus Salzburg stammenden Virgil Widrich und seinem verstorbenen Sohn. Oskar war gerade mit dem Zeichnen eines Daumenkinos beschäftigt, als ihn der Unfalltod ereilte. 206 Bilder waren fertig, Zwei Strichmännchen, ein Kampf zwischen Gut und Böse. An dieser Stelle wird die Bilderfolge langsamer, bleibt stehen – dann sieht man eine Hand, die das letzte Blatt wieder auf den Zeichenblock heftet und der Zeichentrick nimmt wieder Fahrt auf. Virgil Widrich hat das Daumenkino im Sinn seines Sohns fertig gezeichnet. Es ist genau genug Zeit heißt der kleine Experimentalfilm, der beide, Oskar Salomonowitz und Virgil Widrich, als Autoren nennt. Dieser Tage wurde er bei der Diagonale in Graz uraufgeführt und mehrmals vor anderen Filmen gezeigt. Er läuft natürlich nicht im Wettbewerb, was wohl auch der Pietät geschuldet ist.

Finden sich spezifisch Salzburger Beiträge bei der Diagonale, die am Sonntag (13.6.) zu Ende geht? Eigentlich nicht, denn die hier vertretenen, in Salzburg gebürtigen Filmemacher leben und arbeiten samt und sonders längst in Wien. Die Branche ist zu klein, um sie in Bundesländer-Tortenstücke zu gliedern. Ein abendfüllender Streifen wurde am Donnerstag (10.6.) in Graz uraufgeführt. Die vergangenen Zukünfte betitelte Johannes Gierlinger seinen Dokumentarfilm, in dem es um die Fragwürdigkeit historischer Erinnerung, quasi verordneten Gedenkens geht. Zwei Folien – Filmaufnahmen von allerlei Massen-Demonstrationen im Wien der vergangenen Jahre und Erinnertungs-Male an die März-Revolution 1848 – werden gleichsam übereinander gelegt. Was verrät ein Denkmal und (viel spannender noch) was verschweigt es? Wie wird man das, worüber Menschen heutzutage auf die Straße gehen, in künftigen Zeiten werten? Wird man sich überhaupt an irgendetwas davon erinnern? Da ist viel Material montiert, das meiste mit der Handkamera aufgenommen. Es wird einem beinah schwindlig – und diese Diskrepanz zwischen filmischer Turbulenz und einem eher historisch-wissenschaftstheoretischen Zugang in den Off-Texten ist ein Stilmittel. Nennen wir es zumindest interessant.

Wilbirg Brainin-Donnenberg, jetzt Leiterin des drehbuchFORUM Wien, erinnert sich in ihrer viertelstündigen Doku Dirndlschuld an eine lieb gewonnene Familientradition, die Sommerfrische am Grundlsee. Da spielt(e) man Landleben, und das Dirndl ist einer jener nicht ganz unproblematischen Marker, der für (nationale und gesellschaftliche) Zusammengehörigkeit, aber auch den Ausschluss anderer steht. Lästige Fragen jedenfalls.

Unangenehme Frage hat die Experimentalfilmerin Antoinette Zwirchmayr bei Max Frisch gefunden. In Fragebogen gibt sie einige davon weiter. Die Kamera ist frontal auf einen älteren Mann gerichtet, dessen Gesichtsausdruck eher auf Versteinerung schließen lässt als auf die Bereitschaft, irgend etwas zu beantworten. Ist auch schwierig: „Angenommen, sie haben noch nie einen Menschen ermordet – wie erklären Sie sich, dass es nie dazu gekommen ist?“

Rupert Höller, in Vorarlberg geboren, in Salzburg aufgewachsen und natürlich auch in Wien tätig, hat es mit zwei Musik-.Videos zur Diagonale gebracht: Conchita Wurst x Lou Asril – Lovemachine und Good Wilson – Till We Meet Again.

Stefanie Weberhofer hat unter anderem MultiMediaArt an der FH Salzburg studiert. Letter from a Friend läuft in der Rubrik „Innovatives Kino“. Ein 55-minütiges Road-Movie voller Musik, denn die Filmemacherin hat dafür den Songwriter und Komponisten Renato Unterberg begleitet, von Österreich bis Indien, aus heimischen Konzertstudios und Konzertsälen in dein buddhistisches Kloster. Der spirituelle Sinn- und Wahrheitssucher lieferte natürlich auch einen einprägsamen Sound.

Die Diagonale-Preise werden am Sonntag (13.6.) abends vergeben, im Stream auf fm4.orf.at und der TVthek (ORF III) – www.diagonale.at
Bilder: Diagonale

 

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