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Was alles in die leeren Schaukästen kam

HINTERGRUND / 50 JAHRE DOMMUSEUM (1)

03/04/24 Ein Alleinstellungsmerkmal fürs Salzburger Dommuseum? Es ist die einzige kirchliche Schausammlung in Österreich, die tatsächlich in einem Dom Platz gefunden hat. Die Süd-Oratorien über den Seitenkapellen des Doms haben sich dafür angeboten, als das Dommuseum 1974, also vor fünfzig Jahren, eingerichtet wurde.

Von Reinhard Kriechbaum

Untrennbar verknüpft ist das Salzburger Dommuseum mit dem Namen Johannes Neuhardt. Zwar hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg der aus dem Pinzgau stammende Kanonikus Josef Lahnsteiner drauf gedrängt, in Salzburg die alte Sammlung zu rekonstruieren und auszustellen. 1954 wurden erste Teile der Sammlung anlässlich der neuen Domweihe gezeigt. Der eigentliche Beschluss für die Neugründung eines öffentlich zugänglichen Dommuseums erfolgte 1972. In Prälat Johannes Neuhardt fand sich ein hochrangiger Geistlicher, der obendrein Kunstgeschichte studiert hatte. Seine Lokal- und Sachkenntnis prädestinierte ihn als Leiter des neuen Museums, dessen Geschicke er zwanzig Jahre lang ab der Eröffnung 1974 als Direktor (und längstdienender Diözesankonservator in Österreich) nachhaltig bestimmte.

Ein Atout fürs neue Museum waren die noch erhaltenen, freilich leeren Schaukästen der ehemaligen Kunst- und Wunderkammer im südlichen Dombogen. Diese Wunderkammer, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter Max Gandolf von Kuenburg und Guidobald von Thun angelegt, zählte zu den bedeutendsten derartigen Sammlungen Europas. Dort wurden einst auch über 130 kunstvoll geschliffene Bergkristall-Arbeiten (Gläser, Pokale etc.) aus der eigenen fürsterzbischöflichen Schleiferei aufbewahrt, ein Bestand der europaweit nur von den Sammlungen Ludwigs des XIV. und des Herzogs von Savoyen übertroffen wurde.

Von alldem blieb freilich nach der Säkularisation des Erzstiftes kaum etwas übrig. Die Stücke der Kunst- und Wunderkammer wurden gemeinsam mit dem Domschatz außer Landes gebracht. Vor allem Kurfürst Ferdinand III. von Toskana nahm mit dem Ende seiner Regentschaft vieles aus der alten fürsterzbischöflichen Sammlung mit nach Florenz. Verbliebene Stücke raubten die Franzosen in den Napoleonischen Kriegen, einiges auch die Bayern. Nur wenige Stücke blieben in Salzburg in der naturwissenschaftlichen Schausammlung von St. Peter. Ein großer Teil der Salzburger Kunst- und Wunderkammer befindet sich heute im Palazzo Pitti in Florenz.

Nora Watteck (1901-1993), Archäologin und als Kunsthistorikerin mit Salisburgensien aller Art bestens vertraut, und Johannes Neuhardt bestückten die Kunst- und Wunderkammer mit vielfältigen Objekten aus Kunst, Natur und Technik. Ein auch für heutige Betrachter anregendes Sammelsurium von Rosenkränzen bis zu Elfenbeischnitzereien, von Muscheln und Schnecken bis zu Fossilien, von ausgestopften Tieren bis zu Mineralien, von wissenschaftlichen Gerätschaften bis zu barocken Globen. Die Kunst- und Wunderkammer spiegelt, was in Spätrenaissance und Barock die Menschen fasziniert hat.

Die Dauerausstellung des Dommuseums zeigt Kunstschätze des 8. bis 18. Jahrhunderts aus der Erzdiözese Salzburg, unter anderem kostbare liturgische Geräte aus dem Domschatz sowie gotische und barocke Gemälde und Skulpturen aus Kirchen und Klöstern Salzburgs (Meinrad Guggenbichler, Georg Raphael Donner, Johann Michael Rottmayr und Paul Troger).

Es ging bei der Einrichtung des Dommuseums nicht zuletzt darum, Kunst aus den Salzburger Pfarren konservatorisch zu sichern und auch vor Diebstahl zu bewahren. Johannes Neuhardts Bestreben war, jedes Jahr Sonderausstellungen zu gestalten. Als über die Landesgrenzen hinaus anerkannter Kunst-Sachverständiger hat er für diese Ausstellungen immer wieder Exponate auch aus privater Hand aufgetrieben und so öffentlich gemacht. Manches spezifisch salzburgische Thema hat Neuhardt erschlossen, beispielsweise die Steinbockhornschnitzerei. Nur der Alpensteinbock hat Hörner, die sich zum Beschnitzen eigneten. Mit einer Schau über den auch hierzulande verehrten böhmischen Heiligen Johannes Nepomuk hat Neuhardt sogar in der Zeit des Kalten Krieges, die diplomatischen Verbindungen zwischen Tschechien und Österreich, damals auf einem Tiefpunkt, positiv beeinflusst. (Wird fortgesetzt)

Bilder: DomQuartier/Kral (1); dpk-krie (4)
Zur Meldung Ein Salzburger Prälat und eine heilige Zunge

 

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