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Ein kleines Jubiläum, das Freude bereitet

REST DER WELT / ZEHN JAHRE GRAFENEGG-FESTIVAL

23/08/16 So man mit einem Rasenplatz zufrieden ist, kann man in schönstem Ambiente in Grafenegg schon um 10 Euro dabei sein – und hörte in den ersten Tagen auch dort das Cleveland Orchestra unter Franz Welser-Möst, mit denselben beiden Programmen wie bei den Salzburger Festspielen.

Von Wolfgang Stern

Das erste Wochenende ist gelaufen. „Grafenegg gibt mir die Zeit zum

Ohrenöffnen“, sagt der künstlerische Leiter Rudolf Buchbinder so schön. Man startete mit einer provokanten Eröffnungsfeier, in der Burgschauspielerin Caroline Peters in einer vom Wiener Regisseur Michael Sturminger – er wird übrigens 2017 in Salzburg Sciarrinos „Lohengrin“ inszenieren – erdachten multimedialen Performance mit Witz, Sarkasmus tatsächlich dieO>hren öffnete für die gegenwärtigen Situation in Politik und Kultur. Da war viel zwischen den Silben, Worten und Sätzen heraus zu lesen. Caroline Peters fand eine wunderbare Ergänzung in dem Bariton Florian Boesch und der coolen Musicbanda Franui. Grafenegg leistete sich also eine Eröffnung der anderen Art, vielleicht kam sogar der eine oder andere Politiker, der beim Eröffnungskonzert am Wolkenturm in der ersten Reihe sitzen musste (durfte), ins Nachdenken. Zeit wäre genug gewesen.

Grafenegg nach zehn Jahren: Die Dichte an hochkarätigen Orchesterkonzerten ist enorm, das „Griss“ nach Karten ist groß, denn hier kann sich wirklich jeder eine Karte leisten. Rasenplätze (man nehme sich eine Decke oder einen Klappstuhl mit) sind sowieso leistbar, die teuersten Einzelkarten kosten bei wenigen Konzerten 144 Euro, sonst geht es günstiger. International gesehen ist man damit im unterenPreissektor unterwegs, für unter 26jährige Konzertbesucher gibt es 50 Prozent Ermäßigung. Also auf nach Grafenegg, bis zum 11. September ist noch Zeit. Und „ausverkauft“ heißt noch lange nicht „keine Karten“. Auch für die fünf Beethoven-Klavierkonzerte am 11. September (11 und 19 Uhr) mit den Wiener Philharmonikern unter Rudolf Buchbinder werden immer wieder Kommissions-Karten weiterverkauft.

Der Konzertreigen begann heuer mit dem Hausorchester, dem Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester, ergänzt durch einige Alumni des European Union Youth Orchestra, unter seinem noch neuen Chef, dem 55jährigen Japaner Yutaka Sado, dessen Vertrag bis 2022 verlängert wurde. Ihm obliegt nun die Aufgabe, dem Aufwind des Orchesters weiter nachzuhelfen. Die Stimmung ist gut, man scheint sich miteinander sehr wohl zu fühlen.

Des Composers in residence, Christian Jost, uraufgeführte Fanfare eröffnete das erste Konzert, strahlendes Blech erfüllte das Areal rund um den Wolkenturm mit diversen dynamischen und rhythmischen Effekten – eine Fanfare, die bestimmt überleben und nicht unbeachtet bleiben wird. Composer in residence heißt in Grafenegg nicht nur im Auftrag komponieren, sondern richtig anpacken, mit den Musikern in verschiedenen Gruppierungen arbeiten und dirigierend tätig zu sein.

Der Bezug zu Beethoven, dessen Werke das diesjährige Festival durchziehen, kam dann im zweiten Auftragswerk zur Geltung. „An die Hoffnung“ für Singstimme und Orchester nach dem gleichnamigen Lied op. 94 von Ludwig van Beethoven. Auch hier spielt die rhythmische Komponente eine wesentliche Rolle, Verdichtungen und Steigerungen machen neugierig – Jost verwendet das gleiche Instrumentarium wie Beethoven zu seiner Neunten, deren Wiedergabe am Wolkenturm zum ersten Großereignis dieses Festivals wurde. Der beständig auf hohem Niveau singende Wiener Singverein (Leitung: Johannes Prinz) überbot sich nahezu und mit Camilla Nylund, Elena Zhidkova, Klaus Florian Vogt und René Pape konnte das Solistenquartett kaum besser besetzt sein. Yutaka Sado gab klare Linien vor, war spürbar Kraftquelle für alle Beteiligten. Wo sollte es einen schöneren und wirkungsvolleren Rahmen für dieses Werk geben als hier?

Zwischen Salzburg und Luzern gastierte Welser-Möst mit seinem Cleveland Orchestra, einmal am Wolkenturm, das zweite Mal infolge Regens im Auditorium. Mit dem gleichen Programm wie in Salzburg – wir berichteten – gaben das „europäischste“ Orchester der amerikanischen „big five“ seine Visitenkarte ab. Aufregend das Finale des zweiten Konzertes, in dem die von Nikolaus Harnoncourt so geliebte Slowakin Luba Organášová anstelle der in Salzburg singenden Anja Harteros mit berührender Wärme und Melancholie die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss

wiedergab und eine friedvolle Stimmung vermittelte.

Grafenegg Festival, bis 11. September – www.grafenegg.at
Bilder: Grafenegg Festival / ORF-Hans Leitner (2); Michael Pöhn (2)

 

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