Zeitgenossen und Nachkommen
BERNHARD TAGE / ST. VEIT
02/10/14 „Zeitgenossen und Nachkommen. Thomas Bernhard und die Literatur nach 1945“: Die 20. Bernhard Tage in St. Veit im Pongau widmen sich am 3. und am 4. Oktober dem Einfluss Bernhards auf die zeitgenössische internationale Literatur. Das Seelackenmuseum widmet dem Schriftsteller in vier Räumen einen eigenen Schwerpunkt.
Von Heidemarie Klabacher
„Ausstrahlen!“ „Ausstrahlen wollte Thomas Bernhard mit seinem Werk - nicht nur regional und österreichweit, sondern in die ganze Welt. Das hat er selbst betont“, berichten die Thomas Bernhard-Experten Hans Höller und Manfred Mittermayer. Ein Vortrag der 20. Bernhard Tage in St. Veit widme sich deshalb etwa einem umfassenden Rundblick auf die internationale Literatur und deren Antworten auf Thomas Bernhard. „Der wirkungsmächtigste österreichische Autor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde nicht nur in mehr als vierzig Sprachen übersetzt“, betont Manfred Mittermayer. Bernhard habe auch in der Schreibweise der unterschiedlichsten Autorinnen und Autoren seine Spuren hinterlassen.
Die Bernhard Tage finden heuer bereits zum zwanzigst Mal statt. „Anlässlich dieses Jubiläums werden sich die Vorträge mit einem besonders wichtigen und umfangreichen Thema der Bernhard-Rezeption befassen, nämlich mit der Einbettung seines Werks in die zeitgenössische und die von ihm selbst beeinflusste internationale Literatur“, erklärt Hans Höller.Die Bernhard Tage 2014 finden in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Germanistik an der Universität Salzburg und dem Literaturarchiv Salzburg statt.
Warum eigentlich St. Veit? Das Seelackenmuseum widmet dem Schriftsteller in vier Räumen einen eigenen Schwerpunkt. Kurz und bündig heißt es auf der Website: „Thomas (Niklaas) Bernhard kam das erstemal 1949 als Patient in die ehemalige Lungenheilanstalt nach St. Veit und wurde nach seinen zweiten Aufenthalt am 11. Jänner 1951 entlassen. In diesen 3 Jahren lernte er seinen Freund Prof. Rudolf Brändle, die Organistin Anna Janka und seinen ‚Lebensmenschen’ Hedwig Stavianicec kennen. Über diese Zeit schrieb er den autobiografischen Roman ‚Kälte - eine Isolation’. Danach war er noch viele Jahre Urlaubsgast beim Dopplerhof in St. Veit.“
Weitere Vorträge bei den Bernhard Tagen werden sich mit den literarischen und persönlichen Beziehungen zwischen Thomas Bernhard und einigen österreichischen Zeitgenossen beschäftigen. „Dazu gehören Ingeborg Bachmann oder Peter Handke, aber auch Gerhard Fritsch, ein Förderer Bernhards, oder die Lyrikerin Christine Lavant.“
Der Autor Ernst-Wilhelm Händler, der sich „mit Bernhards Werk nicht nur als genauer Leser, sondern auch in seinem eigenen literarischen Werk auseinandergesetzt“ habe, wird aus seinem Roman „Fall“ lesen und von seiner Beziehung zu Bernhard berichten.
Eröffnet werden die Bernhard Tage 2014 am Freitag (3.10.) um 20 Uhr in der Pfarrkirche St. Veit mit einem Konzert- und Lesungsabend. Auf dem Programm stehen unter anderem sechs Psalmen von Hubert Steppan auf Texte von Thomas Bernhard. Es singen und spielen die Mezzosopranistin Isabell Czarnecki und der Pianist Andreas Gassner. Dazu liest Veronika Schmidinger Gedichte von Ingeborg Bachmann und Christine Lavant.
Am Samstag (4.10.) beginnt um 9.15 der Vortragsreigen im Seelackenmuseum. Es referieren und lesen Renate Langer, Hans Höller, Herwig Gottwald, Hansjörg Graf, Ernst-Wilhelm Händler und Manfred Mittermayer. „Wir freuen uns über die Zusage des Lektors Hansjörg Graf, der die Arbeiten bereits des jungen Thomas Bernhard gleichzeitig kritisch und voll Sympathie begleitet hat, über seine Begegnungen mit dem Autor zu berichten“, so Hans Höller.
Er wird die Bernhard Tage mit einer Hommage an den im April dieses Jahres verstorbenen Wieland Schmied beschließen: „Die diesjährigen Bernhard Tage sind dem Gedenken Wieland Schmieds gewidmet. Er war einer der wichtigsten Freunde Thomas Bernhards. Voll Dankbarkeit erinnern wir uns an den großartigen Kunsthistoriker und Autor, der immer wieder gerne als Referent und als Gast nach St. Veit kam.“ Hans Höller hat seine Hommage (bei der auch Filmausschnitte aus Wieland Schmieds Vorträgen bei den Thomas Bernhard Tagen gezeigt werden) mit einem Satz Paul Celans überschrieben: „Und erlauben Sie mir, Sie zu den (nicht eben zahlreichen) Menschen zu zählen, für die ein Wort noch ein Wort ist.“