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Da könnte man süchtig werden nach Schumann

DIABELLI-SOMMER / ERÖFFNUNGSKONZERT

13/06/14 Kann man Kammermusik-Sensationen vorausplanen? Natürlich nicht. Aber man kann ein Umfeld schaffen, auf dem sich im günstigen Fall das Außergewöhnliche wie spontan ergibt. Beim Diabellisommer stehen die Wegweiser gar nicht selten in diese Richtung.

Von Reinhard Kriechbaum

Da passt etwa der Raum: Die Stiftskirche hat eine für Kirchenverhältnisse ganz erstaunliche Akustik, in der kein Nachhall wabert, sich dafür ein durchhörbarer Klang mit großem Volumen auffächert. Schon die ersten Takte von Robert Schumanns Klavierquartett ließen gestern Donnerstag (12.6.), im Auftaktkonzert des diesjährigen Diabelli-Sommers, die Ohren flattern: Es gibt nicht viele Konzertsäle, in denen sich im eröffnenden Allegro das Attribut „brillante“ so umsetzen lässt. Das diesem wohlbekannten Stück in den Ecksätzen eigene Schwelgen nahm man da also nicht als mehr oder weniger unkontrollierte Emphase wahr, sondern als von Temperament entfesselte Klang-Sinnlichkeit.

Im langsamen Satz der fast metallisch angehauchte Bratschenton der Veronika Hagen aufhorchen, leicht angeschärft von der Zweiten Geige (Michaela Girardi), konzis überhöht in den Außenpositionen der Ersten Geige (Lukas Hagen) und des Violoncellos (Enrico Bronzi) – und dies alles in die gerade rechte Temperatur getaucht vom Klavier (Herbert Schuch).

Damit sind die Namen genannt und ein weiterer günstiger Parameter vieler Kammermusikabende in Mattsee angesprochen: Gottfried Franz Kasparek lädt gerne Musik-Freunde ein, die miteinander bestens vertraut sind, aber doch gerade so nah nicht sind, dass die Sache in Routine verliefe. Der spontane Dialog kommt da nicht zu kurz und hält Überraschungen bereit. Jene Energie, wie sie die Fünf im Scherzo in vollem Ungestüm über die Zuhörer hereinbrechen ließen – die wäre im „Konzert-Regelbetrieb“ kaum abzurufen.

Außergewöhnliches also, wie es eben sein soll. Der Abend war dem Ehepaar Schumann gewidmet – mit Claras „Drei Romanzen“ hatte er begonnen, Raritäten, die kaum einem Hörer schon mal untergekommen sein dürften. Lukas Hagen (Violine) und die junge türkische Pianistin Gülru Ensari haben sich den gefühligen Stücken gewidmet, klang-malend und doch sehr genau wissend um den in Zaum zu haltenden Ausdruck, den diese Stücke verlangen. Überbordender Gestaltungswille wäre das Letzte, was diese Petitessen verkrafteten.

Robert Schumanns „Waldszenen“ sind eigentlich auch keine Alltagskost. Pianisten greifen bei Schumann ja dann doch eher zu Werken von der Kategorie der „Kreisleriana“. Die Folge von Charakterstücken des Opus 82 ist aber genau so lohnend, und man kann viel Eigenes hinein interpretieren, wie Herbert Schuch am Bösendorfer vorführte: „Jäger auf der Lauer“? Da konnte man nachfühlen, wie Vierbeinern jeder Art Ungemach droht…. Zu etwas größerer Bekanntheit aus diesem Zyklus hat es eigentlich nur „Der Vogel als Prophet“ gebracht, den Schuch nicht nur drollig oder frech, sondern mit fast hintergründigem Charme tirilieren ließ.

So also soll es sein, wenn ein sommerliches Festspiel beginnt. Heute Freitag (13.3.) geht es in der Stiftskirche weiter mit Hindemiths Liederzyklus „Marienleben“, und am nächsten Donnerstag (19.6.) wird sich dort „Das besondere Trio“ ans Werk machen – nämlich Benjamin Schmid (Violine), Clemens Hagen (Violoncello) und Ariane Haering (Klavier). Und sie legen auch Besonderes auf die Pulte, etwa ein Klaviertrio aus dem Jahr 1910 von der kroatischen Komponistin Dora Pejačević (1885-1923). An diese leider völlig Vergessene wird heuer beim Mattseer Diabelli Sommer mehrmals erinnert, etwa am Freitag 27. Juni, wenn Ardita Statovci, eine am Mozarteum ausgebildete Pianistin aus dem Kosovo, ihren „Pianozauber“ mit einer Sonate der Dora Pejačević anreichert.

Der Mattseer Diabelli Sommer dauert bis 12. September - www.diabellisommer.at
Bilder: Universität Mozarteum (1); Diabelli Sommer (1); Felix Broede (1)

 

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