Schade? Gottseidank?
MUSEUM DER MODERNE MÖNCHSBERG / UNGEBAUTES SALZBURG
27/03/15 Ein Haus für Mozart, das diesen Namen tatsächlich verdient hätte: Der schlichte Holzbau ist eines der unspektakulärsten und zugleich spannendsten Projekte in der Schau „Ungebautes Salzburg“. Der Plan von Friedrich Kurrent aus den Jahren 1999 bis 2002 mit Blick auf das Mozartjahr 2006 hat es freilich gleich gar nie in die Medien und damit an die Öffentlichkeit gebracht.
Von Heidemarie Klabacher
Bürgerproteste hätte es wohl nicht gegeben. Das „Haus für Mozart im Bruderhof“ quasi zwischen Sebstiansfriedhof und Lorettokloster wäre ein schlichter Holzbau geworden: mit siebenhundert Sitzplätzen in den räumlichen und akustischen Dimensionen der Mozartzeit. Das Gebäude hätte sich seitlich an die Mauer des Sebastianfriedhofs geschmiegt. Aufwändige moderne Bühnentechnik hätte sich freilich keine unterbringen lassen. Und der boomenden Musik- und Festivalindustrie wäre die bescheidene Zahl an Sitzplätzen auch diametral entgegengestanden. Nicht einmal ignorieren ist also auch eine Variante der Aufmerksamkeit, die Bauprojekten in der Mozartstadt entgegengebracht werden kann. Roman Höllbacher von der Initiative Architektur, der Gastkurator der Schau „Ungebautets Salzburg“, hat am Rande des Pressegespräches am Freitag (27.3.) DrehPunktKultur dieses ungebaute Haus für Mozart packend geschildert. Schade?
Die Pläne von Hans Poelzig für ein Festspielhaus in Hellbrunn aus den Jahren 1920 bis 1922 sind so unbekannt nicht. Tatsächlich steht man eher befremdet vor den Skizzen der monumental wirkenden Anlagen. Als Nachgeborene würden wir dabei gar nicht mehr wissen, was alles in und um Hellbrunn verbaut worden wäre, wären diese Pläne für ein Festspielhaus realisiert worden. Abgelegen wäre dieser Festspielbezirk… Ein klarer Fall von Gottseidank?
Roman Höllbacher bringt den Grundgedanken hinter der Ausstellung auf den Punkt: Es gehe nicht um eine Schau der vertanen Chancen oder um einen Voyeurismus des Scheiterns. Es gehe um die Auseinadersetzung mit der Frage: „Welche Möglichkeiten hat eine Stadt.“ Dazu müsse man in die Vergangenheit blicken, denn es entwickle sich sonst nicht selten eine „Psychologie des Wiederkommens“, wenn zentrale Aufgaben nicht gelöst wurden. „Oft bleiben Leerstellen.“ Das muss aber nicht schlecht sein: „Leerstelle kann ja heißen: Ein Platz bleibt offen für die Zukunft…“ Für den Rehrl-Platz gibt es übrigens Pläne aus den 1930er und aus den 1990er-Jahren…
Die Sache mit dem Hallenbad etwa gehe als Kurhaus- oder überhaupt „Kurstadt Salzburg“-Debatte gleich gar zurück bis ins 19. Jahrhundert, weiß Roman Höllbacher. Das zum Glück ehzeitig versenkte Modell für ein Hallenbad, für das man - ohne die Grundlagen der Statik zu bemühen - Schwimmbecken auf mehreren Etagen vorgesehen hatte, ist in der Ausstellung zu bestaunen.
Manche Leerstellen führen noch weiter zurück. Um 1460, im späten Mittelalter also, hätte der Fürst-Erzbischof gerne Stadterweiterung im heutigen Festspielbezirk betrieben. Das Areal gehörte aber St. Peter. Gebaut wurden Universität und Kollegienkirche. „Übrig ist nur der Furtwänglergarten.“
Und ist nicht der Max-Reinhardt-Platz davor - mit seiner so genannten „Gestaltung“ - auch so eine Salzburger Leerstelle, über die irgendwann einmal Gras wachsen wird? Das nur verstümmelt realisierte Projekt von „one room“ – Treppenhaus Universitätsaula und Neugestaltung Hofstallgasse/Max Reinhardt-Platz/Furtwängler-Garten – kann auf dem Mönchsberg ebenfalls noch einmal studiert werden.
Der Mönchsberg selber - Standort des Museums der Moderne - ist ebenfalls ein Hotspot für ungebaute Projekte. Die größenwahnsinnigen Pläne der Nazi-Architekten lassen noch immer die Haare zu Berge stehen. Das ungebohrt gebliebene Guggenheim-Museum wird auch wieder einmal in Erinnerung gerufen.
Pläne, Zeichnungen, Skizzen und Modelle zu insgesamt 32 unrealisiert gebliebenen Bauprojekten sind zu sehen. Das älteste sind Pläne von Vincenco Scamozzi für einen Dom zu Salzburg aus dem Jahr 1606.
Die Exponate stammen aus den Archiven von Stadt und Land Salzburg, dem Salzburg Museum, aus dem Konsistorialarchiv der Erzdiözese, aus den Nachlässen von Architekten und aus Privatbesitz zahlreicher Leihgeber. Da es in Salzburg keine zentrale für Architektur zuständige Institution gebe, sei es, so Kurator Roman Höllbacher, eine große Herausforderung gewesen, überhaupt an das Material zu kommen.