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Kampf der Königinnen

REST DER WELT / LINZ / MARIA STUARDA

13/12/11 In Olivier Tambosis auf das Wesentliche konzentrierter Inszenierung von Gaetano Donizettis „Maria Stuarda“ im Linzer Landestheater kämpfen die Königinnen nicht nur um Throne und Ansprüche, sondern auch gegen das, was sie in sich selber spüren – und verleugnen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Donizettis „Tragedia lirica“ aus dem Jahr 1835, eine verknappte Version des Schiller-Dramas, ist durch Stars wie Joan Sutherland, Edita Gruberova oder Agnes Baltsa wieder auf die Bühnen zurückgekehrt, als willkommenes Primadonnen-Futter. Die Geschichte von Haft und Tod der unglücklichen Schottenkönigin Maria Stuart und ihrer Gegenspielerin und Nichte zweiten Grades, Elisabeth I. von England, hat der erst 17jährige Librettist Giuseppe Bardari geschickt für das plakative Belcanto-Theater eingerichtet.

Donizettis Musik erreicht einen routinierten, aber reichlich kurzatmigen Akt lang nicht die Größe der „Lucia“, im zweiten aber vermag das Sterben der Protagonistin zu Klängen wohliger Wehmut und markanten, den frühen Verdi vorweg nehmenden Ensembleszenen auch heute noch zu ergreifen. Mag sein, dass Dennis Russell Davies am Pult des bestens aufgelegten Bruckner-Orchesters anfangs zu sehr die eher schlichten Strukturen der Partitur und zu wenig deren kantable Qualitäten beachtete – im weit gespannten Finale gelang ihm bei der Premiere ein sehr eindrucksvolles Plädoyer für eine Musik herzinniger Einfachheit und archaisch-theatralischer Kraft.

Das Bühnenbild von Bernhard Rehn ist der Käfig, in dem die Menschen gefangen sind. Das Volk unter einer durchsichtigen Treppe, die Herrschenden darüber im Prinzip ebenfalls unfrei zwischen bedrohlich spiegelnden, beweglichen schwarzen Wänden. Mitunter, bei der effektvollen Begegnung der Konkurrentinnen und im Finale, ziehen dahinter malerische Wolken über den Himmel. Carla Caminatis Kostüme differenzieren zwischen der Politik, die alle Herren und bei der Unterzeichnung des Todesurteils auch Elisabeth in grauen Anzügen zeigt, und der diffizilen Seelenlandschaft der Damen, welche die königlichen Farben Weiß und Rot tragen, in dosiert historischer Weise. Das rote Kostüm der Königin, das anfangs ohne Inhalt auf der Treppe steht, spielt dabei eine führende Rolle. Ein die ganze Zeit über die Bühne flanierender und oft wie unbeteiligt sitzender Stummer (Martin Vraný) entpuppt sich erst am Ende – und als was, soll hier nicht gesagt sein.

Ungemein schlüssig schildert Olivier Tambosi mit diesmal besonders fein zeichnender Personenregie die Verschlingungen und Verwicklungen der Menschen auf der Bühne, dabei ebenso auf die Musik horchend wie Schillers psychologische Tiefe mit ins Kalkül ziehend. Immer wieder gelingen starke Bilder, wenn plötzlich Elisabeths Kopf in Marias Schoß ruht oder wenn die Siegerin der Hinrichtung als maskenhafte Figur der kalten Macht beiwohnt. Die Idee, in den meisten Szenen auch die gerade nicht auftretende Kontrahentin bedrohlich anwesend sein zu lassen, schafft Spannung und verstärkt das intensive Kammerspiel.

Ein Glücksfall ist die Besetzung. Christiane Boesiger als Maria und Katerina Hebelkova als Elisabeth sind einander als Singschauspielerinnen ebenbürtig. Erstere erfüllt ihre mit Koloraturen und extremen Höhen gespickte, aber in sich als menschlicher Ausdruck stimmige Partie mit lyrischer Stimmführung perfekt und setzt schärfere, veristische Farben dann ein, wenn sie passen. Die Hebelkova vermag die „jungfräuliche“ Kühle der Elisabeth mit voll tönendem Mezzo effektreich bis in Sopranhöhen zu heben.

Jacques Le Roux ist ein an seiner Liebe zu Maria glaubwürdig scheiternder, mit einigem Tenorschmelz begabter Leicester. Der balsamische Bariton des Seho Chang, des liebenswerten Talbot, lässt aufhorchen. Martin Achrainer zeichnet den Intriganten Cecil schneidig und exakt nuancierend. Danuta Moskalik sekundiert als Marias Vertraute Anna mit Wärme. Ein Sonderlob gebührt dem Chor und seinem Leiter Georg Leopold. Jubel für die Sängerinnen und Sänger, mehrheitlich Zustimmung für die Inszenierung. Besuch sehr empfehlenswert.

Aufführungen bis 28. April 2012 - www.landestheater-linz.at

 

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