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Fünfzig Jahre und noch einige dazu

PFINGSTFESTSPIELE / DOMINGO-GALA

21/05/24 „Fünfzig Jahre Plácido Domingo in Salzburg“, so das Motto dieses festlichen Nachmittags am Pfingstmontag. In der Tat ist der rüstige Jubilar im Festspielsommer 1975 als Giuseppe Verdis Don Carlos erstmals in Salzburg aufgetreten. Sein Wiener Debüt lag da schon acht Jahre lang zurück.

Von Gottfried Franz Kasparek

Seit dreißig Jahren steht der spanische Tenor mit dem unverwechselbaren Bronze-Timbre und gelungener Bariton-Alterskarriere der Talenteschmiede Operalia vor, aus der die Gratulantinnen und Gratulanten der Gala am Pfingstmontag zur Nachmittagsstunde kamen. Am Pult des formidablen Münchner Rundfunkorchesters stand Marco Armiliato, einer der stilsichersten Maestri der (nicht nur) italienischen Oper in unserer Zeit. Er kann wundersam Klang modellieren und einfühlsam mit den singenden Menschen atmen.

Die Moderation lag bei Rolando Villazón in den besten Händen. In bestens verständlichem Englisch und einigen deutschen Einsprengseln führte der künstlerische Tausendsassa mit der ihm eigenen, ansteckenden Begeisterung durch das Programm – und überraschte als Sänger nicht nur mit Jules Massenets schwärmerischer Arie des Rodrigue aus Le Cid, sondern noch mehr mit der berückend vorgetragenen Romanze des Rafael aus Federico Moreno Torrobas Zarzuela Maravilla.

Der sehr opernnahen spanischen Operette galt auch das offizielle Finale mit einem Duett aus Manuel Penellas El gato montés, in dem Sonya Yoncheva neben dem Muttersprachler Domingo so glaubwürdig südlich-sinnlich wirkte, dass man sich sofort Franz Lehárs Giuditta von ihr wünschen würde. Die nicht enden wollenden stehenden Ovationen führten denn auch zu Lehárs grandiosen Weltschlagern Lippen schweigen und Dein ist mein ganzes Herz, bei denen sich das ganze Ensemble samt temperamentvoll dazu gestoßener Cecilia Bartoli vereinte – angestimmt wurden die Lieder freilich in berührender Schlichtheit vom Jubilar.

Plácido Domingo, ein Held des Gesanges? Gar ein „König der Oper“? Nun, der Mann mit dem unverkennbarem Profil und der einmaligen Stimme ist mit seinem 84 Lenzen immer noch ein Beherrscher der Bühne. Eine Karriere mit 150 Partien seit seinem Bühnendebüt als Borsa in Rigoletto 1959 in Mexiko und über 4.200 Abenden muss dem auch als Dirigent und Opernleiter Tätigen erst einmal wer nachmachen. Das ist ein kaum jemals einholbarer Weltrekord. Auch für selten gespielte und neue Opern hat er sich immer wieder eingesetzt.

Dass er immer noch auf hohem Niveau Rollen gestalten kann und die Stimme ihren edlen Kern nicht verloren hat, bewies er als Macbeth mit der Arie Pietà, rispetto, onore, als sonor mitleidender Vater Germont mit der silberstimmigen Traviata der Aida Garifullina, als Graf Luna im Duett mit der wohllautenden Elena Stikhina und als Bizets Zurga mit dem prächtig strahlende Höhen erklimmenden Nadir des Dmitry Korchak sowie im Finale. Es ist übrigens keine Frage, dass auch positive Helden ihre Schattenseiten haben, denn sonst wären sie ja keine Menschen – und die spürbare, tiefe Menschlichkeit ist es, die Domingo seit eh und je als Künstler und Kunstvermittler besonders auszeichnet. Die Sängerinnen und Sänger, die er gefördert hat, sind mittlerweile Legion.

Auf der Festspielhausbühne waren alte Aufnahmen der Auftritte des Stars in Salzburg zu bewundern, die oft Sehnsucht nach schöner Regie-Vergangenheit verursachten. Davor bewährten sich neben den schon genannten Mitwirkenden der junge Usbeke Bekhzod Davronov mit strahlkräftigem Tenor als Donizettis Edgardo aus Lucia di Lammermoor und der offenbar grenzenlos in helle Höhen schwebende Kollege René Barbera in der virtuosen Arie des Arnold aus Rossinis Guillaume Tell. Denn Verdi stand zwar im Mittelpunkt, aber man konnte sich auch an der blühenden Rusalka der Yoncheva, am sehnsuchtsvollen Lenski Dmitry Korchaks oder den berührenden Auftritten von Aida Garifullina als Norma und Elena Stikhina als Adriana Lecouvreur delektieren - und an Erwin Schrott, der vor der Pause in der großen Arie des Philippe aus der französischen Version des Don Carlos von Verdi brillierte.

Am Ende sprach Plácido Domingo sichtlich berührt zum Publikum, welches das Große Festspielhaus bis zum letzten dazu gestellten Podiumsplatz füllte. Zum 60-Jahre-Jubiläum würde er gerne wiederkommen, aber vielleicht wäre das 51jährige realistischer. Wir wünschen ihm noch viele künstlerisch erfüllte Jahre!

Bilder: SF / Marco Borrelli

 

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