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Spitze Steine, strahlende Klangsterne

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / KAMMERCHOR

14/12/15 „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen …“ Auf einer Hitliste von Chorsängerinnen und Chorsängern stünde Felix Mendelssohn Bartholdys Mottete auf einem der ersten Plätze, sagte Chorleiter Herbert Böck. Bei allen Fans feinen a cappella-Gesanges gerne in der Interpretation des Kammerchors der Universität Mozarteum.

Von Heidemarie Klabacher

Die Tenor- und Bass-Engel haben die extra-flaumigen Daunenflügel an- und die Sopran- und Alt-Engel Extraglitzer auf aus Sternenstaub aufgelegt. Die Wolke, auf der sie sich versammelt haben, war duftig voluminös und schwebte dennoch tragfähig und klar konturiert über dem Horizont. Oder so ähnlich. Jedenfalls fand man sich – am Donnerstag (10.10.) gerade zum Mendelssohn in den Solitär eintretend – in überirdischen KlangSphären wieder.

Das Konzert des Kammerchores der Universität Mozarteum im Advent ist ein fixer Programmpunkt der hauseigenen Konzertreihe „KlangReisen im Solitär“.

Die Homogenität innerhalb der einzelnen Stimmgruppen ist atemberaubend. Quartette, Sextette oder Oktette können nicht transparenter singen, als diese vier mal sechs jungen Leute, die keine technischen Grenzen zu kennen scheinen.

Den Sopranen gelingt es auch in extremen Höhenlagen jeden Ton quasi „von oben“ anzusingen: so souverän, als gäbe es auch über dem hohen „h“ noch unendlich viel Raum zur glasklaren, offenen und immer noch weichen Gestaltung. Das gilt sinngemäß für alle Stimmfächer. Die Stimmeinsätze der Tenöre sind elegant wie ihre kraftvoll und geschmeidig über die Lagen geführten Linien. Die Alte singen strahlend klar wie die Soprane nur halt ein Stimmfach tiefer. Das Bassfundament ist so tragfähig wie federnd.

Und das Ganze findet mit Text statt! Hand in Hand mit der durchhörbaren Transparenz gehen hervorragende Textverständlichkeit und sinnfällige Textgestaltung. Auch beim inhaltlich schlichten und eher redundanten Mendelssohn-Knüller weiß man wohl artikulierte Konsonanten zu schätzen: Nur dann wird klar, warum es nett ist von den Engeln, unsereinen davor zu behüten, mit dem Fuß an einen Stein zu stoßen.

Explizit literaturbasierte Werke wie die „Sechs Geistlichen Lieder“ nach Gedichten von Joseph Eichendorf von Hugo Wolf kommen ohnehin nur mit verständlichem Text zu ihrer - überwältigenden - Wirkung. Das gewollt rüstig und tapfer dahermarschierende Lied „Aufblick“. Der vergeblich sich gegen die Verzweiflung wehrende Schiffer im Lied „Resignation“. Die geradezu existentialistische wilde Verzweiflung im Lied „Ergebung“: Da braucht es jedes Wort. Und der Kammerchor steht für jedes Wort.

Spannend für die Werkkenntnis war die Begegnung mit Max Regers stilistisch und harmonisch geradezu überbordendem „Abendlied“ aus 1889, einer kaum je zu hörende Rarität, deren technische Herausforderungen einen Profichor verlangen. Ein „Ave Maria“ gekreuzt mit Rosenkranz-Versen aus der Feder von Georg Alexander Albrecht (Jahrgang 1935) erlebte unter der Leitung von Herbert Böck seine Österreichische Erstaufführung. Die effekt- wie anspruchsvollen a caplla-Werke des Norwegers Knut Nystedt gehören zum ergiebigen Betätigungsfeld für professionelle Chöre. Die Aufführung seiner 2003 entstandenen Psalmvertonung „Herr, neige Deine Ohren“ war eine Referenz anlässlich des ersten Todestages des im Vorjahr im 100. Lebensjahr verstorbenen Komponisten.

Nach dem Schlussapplaus stellte sich der Chor den Saal entlang neben dem Publikum auf. „Lux Aeterna“ als Zugabe? Zuzutrauen wäre es dem Kammerchor selbst nach diesem konditionell anspruchsvollen Programm, war der Gedanke. Und es war tatsächlich „Lux Aeterna“! Wenn auch nicht von Ligeti sondern von Elgar: ein zurückhaltend „romantisches“ wundersames tröstliches Kleinod.

Wunsch ans Christkind oder vielleicht doch besser an den Kammerchor und seinen Chorleiter - ein kleines Frühlingskonzert…

Bild: Universität Mozarteum

 

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