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Aller guten Dinge sind vier

KULTURVEREINIGUNG / BRUSSELS PHILHARMONIC

02/03/15 Sie sind sich sogar noch begegnet: Liszt und Debussy. Plausibel also die Kombination beider Komponisten, mit denen sich die Gäste aus Belgien zum Abschluss ihres dreitägigen Auftritts verabschiedeten. Diesmal mit Enrico Pace als fulminantem Solist.

Von Horst Reischenböck

Die vorneweg nicht angekündigte Umstellung im Programmablauf erwies sich Freitag (27. 2.) als absolut sinnvoll. Geriet doch dadurch zu Beginn die in sich dreiteilige „Ibéria“, selbst Mittelteil des Triptychons „Image“ No. 3 pour Orchestre von Claude Debussy, zum publikumswirksamen Auftakt. Debussy hat sich da in der Nachfolge von Georges Bizet und Maurice Ravel gewissermaßen als der „spanischste“ aller französischen Komponisten deklariert: So beispielsweise gleich nach dem Auftakt im saftig durch den Solo-Klarinettisten ausgespielten Thema, in dem sein Zeitgenosse Manuel de Falla eine Sevillana erkannte. An Debussys überlegt-überlegener Kunst der Instrumentierung bewiesen sich die mehrfach geteilten Streicher der Brussels Philharmonic genauso wie Holzbläser in der zu Harfenklängen zauberhaft entfalteten Nachtstimmung danach. Diese wiederum leitet in den Morgen eines Volksfests überleiten, angestimmt durch Imitation von Gitarrenklängen und Bandurias, final verdichtet mit Blechfanfaren und Glocken. Des Chefdirigenten Michel Tabachniks tänzerisch inspirierte Gestik hat das zusätzlich verdeutlicht.

Im Anschluss daran stieg Pianist Enrico Pace partnerschaftlich in den lyrischen Auftakt des mittleren der drei Klavierkonzerte in A-Dur S 125 von Franz Liszt ein. 1989 war er Gewinner des Liszt-Wettbewerbs in Utrecht. Am Steinway vermittelte er in der Mischung von gefordert glitzernden Klangkaskaden und kraftvoll metallisch bis an dynamische Grenzen ausgereizten Oktav-Akkorden eine Idee davon, was Liszt einst als „unerhörte“ Novität seinem Publikum zumutete: In einem Guss, aus einem Thema eine sinfonische Dichtung zu vielschichtig konzipierten Ablauf verschmelzend, der in einen martialischen Marsch gipfelt. Das war beeindruckend gestaltet!

War da noch eine Steigerung drin? Tatsächlich, mit dem überrumpelnd dissonanten Einstieg in Liszts „Totentanz“. Der ist alles andere als ein spöttischer „Danse macabre“ à la Camille Saint-Saëns, sondern die Erstfassung von 1849 seiner Paraphrase über das gregorianische Dies-irae-Thema, das auch romantische Kollegen von Hector Berlioz bis Serge Rachmaninow anregte. „Wehe, wehe den Bewohnern dieser Erde“ setzte Liszt seinem Konzertstück als Motto voran. Er, den Zeitgenossen als „Mephisto in Verkleidung eines Abbé“ bezeichneten, reizte in diesen „teuflischen“ Variationen virtuose Möglichkeiten bis in exzessive Glissandi hinein aus. Von Enrico Pace traumwandlerisch sicher mit spielerischer Leichtigkeit umgesetzt, dem es auch gelang, in den Variationen schlummernd geradezu höhnische Momente aufzuspüren.

Als großer Abschluss dann Debussys „La Mer“. Um dem Gattungsbegriff Sinfonie zu entgehen hat der Komponist diese Stücke als „Trois esquisses symphoniques“ bezeichnet. Und doch, vom zyklischen Zusammenhang her, sind diese malerischen „Skizzen“ vom Vorbild Cesar Franck geprägt. Michel Tabachnik ließ im perfekten Zusammenklang seines Orchesters einmal mehr engagiert die differenziert ausgehorcht fern anmutenden Klänge morgendlichen Heraufdämmerns bis in gleißende Sonnenstrahlen erstehen. Ein großer Guss, bis in die Entfesselung des Windes am Schluss hinein. Sao nebenbei bewies man auch, dass die Hälfte der von Debussy geforderten 16 Violoncelli im Großen Festspielhaus absolut ausreichen.

Bild: www.nymusartists.com / Marco Borggreve

 

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