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Zither-Jazz und Appenzeller Jodler

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / VOLKSMUSIK

18/11/13 Seit zwanzig Jahren wird an der Universität Mozarteum Volksmusik unterrichtet. Grund genug für eine ausgedehnte Feier in Kooperation mit dem Salzburger Volksliedwerk, unter dem Motto „Aufg’spielt und Eing’stimmt“, bei der lustvoll und informativ „g’spielt“, doch ziemlich viel und mitunter witzig, mitunter mahnend, meist jedoch „gscheid gred´t“ wurde.

Von Gottfried Franz Kasparek

Über mehr als zwei pausenlose Stunden hinweg zog sich der „Festakt“ im übervollen Saal, erforderte also geradezu Wagner-geeichtes Sitzfleisch. Langweilig wurde es kaum. Maria Walcher führte beherzt durch einen bunten Abend und entlockte den anwesenden Granden der Volksmusik wie dem Salzburger Lehrgangsgründer Harald Dengg, dem blendenden Rhetoriker Rudi Pietsch oder der von ihrer Sache so liebenswert begeisterten Vorarlbergerin Evelyn Fink-Mennel durchwegs Exemplarisches.

Letztere bot gleich einen herrlich archaischen Appenzeller Jodler, zu dem das Publikum summen durfte. Tanzgeiger Pietsch übte mit Wortwitz Kritik an der finanziellen Ausstattung und an einer gewissen Verschulung. Da hatte sich Landesrat Schellhorn, der zu Beginn ein Bekenntnis zur Förderung der Volkskultur abgelegt hatte, freilich schon entschuldigt. Mehr wird das Geld für die Kunst ja wohl ganz allgemein nicht werden, inmitten der Finanzkatastrophen, die sich derzeit abspielen.

Die Aufgabe des in seiner Art beispielhaften Lehrgangs ist es nicht, Volksmusikanten zu produzieren, sondern Lehrende mit dem nötigen Fachwissen zu versehen und nötige wissenschaftliche Arbeit zu leisten. Die im Lauf des Abends auftretenden Spielgruppen mit viel Jugend im Zentrum zeichneten sich jedenfalls durch Spielwitz und Präzision, „g’sunden Schmäh“ und saubere Intonation aus, erfreulicherweise nicht durch akademische Trockenheit.

Rektor Reinhart von Gutzeit – lustigerweis’ im Programm zu einem österreichisch aufgeweichten „Reinhard“ mutiert -  fand in seinem Grußwort als einer der wenigen nicht in Tracht gekleideten Menschen des Abends goldene Worte. Kunst- und Volksmusik sind in Wahrheit nicht trennbar und viele in hehren Höhen weilende Kunstleute täten gut daran, sich die Schönheit von Volksliedern und die Vitalität von Tänzen zu Gemüte zu führen. Leider wirken da in unseren Breitengraden die unselige Vereinnahmung der Volksmusik durch die Nazis und das allzu angepasste Mitläufertum der damaligen Stars immer noch nach. So fiel denn auch nur einmal und eher am Rande der Name des Tobias Reiser, in dessen Tradition natürlich die schöne Streich- und Zupfmusi steht.

Zu erleben waren nicht nur Polkas, Walzer und Gstanzln, sondern eben auch Grenzbereiche bis hin zu virtuosem Zither-Jazz. Natürlich steht die alpenländische Volksmusik im Mittelpunkt der Lehrarbeit, aber schon der auf der „Steirischen“ gespielte Barataria-Marsch des gebürtigen Tschechen Karl Komzák machte klar, wie sehr die Verbindungen zwischen Volksgut und komponierter Musik und zwischen den Ländern Europas sich in Volksmusik spiegeln. Denn der k.u.k. Militärkapellmeister Komzák hat hier italienisch angehauchte Melodien aus der Operette „The Gondoliers“ des Briten Arthur Sullivan verwendet. Volksmusik? Kunstmusik? Einfach gute Musik!

Dazu passten, auf avancierterem Niveau, die wunderbaren „Rumänischen Volkstänze“ von Béla Bartók, grandios gespielt von zwei jungen Damen auf Klavier und Hackbrett, dazu passten ein stimmungsvoller Rückblick ins Frühbarock mit Tarquinio Merulas balsamischer „Ciaccona“ und ein Bach-Choral und das Finale. Denn dafür hat Simone Fontanelli ein Stück „neuer Musik“ voll pfiffiger Rhythmik und dem Melodiösen gar nicht abgeneigter Klanglichkeit geschrieben – für Zither, Hackbrett und Akkordeon. Dafür gab’s viel Beifall von einem so gar nicht einschlägigen Publikum, und danach noch Würstel, Trinkbares und offenes Musizieren und Tanzen.

 

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