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Brahms auf der Dornröschengeige

KULTURVEREINIGUNG / LUZERNER SINFONIEORCHESTER / NOTT

19/11/12 Geheimnisvoll schwingt die Orchestereinleitung von Brahms’ Violinkonzert in den Raum und löst romantische Emotionen  aus. Ganz fein beginnt sich die Solovioline dem Orchesterklang  beizumischen, stiehlt sich fast hinein in das Klingen der orchestralen Geigen: Isabelle Faust spielte das Violinkonzert von Johannes Brahms mit dem Luzerner Sinfonieorchester unter Jonathan Nott.

Von Elisabeth Aumiller

Isabelle Faust ist eine versierte Technikerin, ausgestattet mit  großer Sensibilität und filigraner Instrumentalkunst, die sie auf ganz individuelle Weise zum Einsatz bringt. Wie mit dem Silberstift gezeichnet klingen ihre melodischen Linien, zart und hell glänzend formt sie eine überaus nuancenreiche musikalische Zeichnung, nur äußerst sparsam mit Vibrato angereichert. Doppelgriffe nimmt sie mit leichter Hand und  bravourös die Kadenzen untermalt von einem murmelnden Paukenwirbel.

Graziös tanzt die Geige in die flotte Virtuosität des folkloristisch gefärbten Finalsatzes. Obwohl Nott mit dem Orchester die Geigerin dynamisch durchaus auf Händen trägt, hat die Geige immer wieder Mühe, über den Orchesterklang zu ragen. Faust spielt die Dornröschen Stradivari aus dem Jahr 1704. Aus dem Schlaf ist die Violine inzwischen zwar wieder erwacht, aber das Dornröschen ist ein ungemein fragiles Geigenmädchen, das  seine zarten Reize wohl eher bei alter Musik voll zur Wirkung bringen dürfte, wofür die Bach-Zugabe beredtes Zeugnis gibt.  Für das Brahmskonzert hingegen hätte man sich einen vollmundig runden, sinnlicheren Ton gewünscht.

In Beethovens Symphonie Nr.4 B-Dur op.60 zeigen Nott und das Luzerner Orchester große Abendform.  Notts musikalische Bewegung ist ein Atmen mit dem Orchester. Er nimmt sich Zeit für das Ausschwingen ruhiger Passagen, kann aber auch auftrumpfen  und reizt die dynamischen Möglichkeiten in vielfältigen Schattierungen aus. Ebenso differenzierend sind seine Tempi, die jedoch die rhythmische Prägnanz nicht vernachlässigen, sondern der Symphonie eine Bewegung voller Eleganz und gleichzeitig  Spannung und Intensität verleihen.

Nott macht hier besonders deutlich, dass das Orchester das Instrument des Dirigenten ist. Das Temperament und die Energie, die er einsetzt geben an diesem Abend den  Eindruck, als fließe der Klang aus ihm heraus direkt in die Musiker, als sei nur ein einziger Spieler am Werk, der den Klang produziert. So transparent, locker, klangbalanciert, ohne Schwere und doch gewichtig genug spielt das Luzerner Orchester die Beethoven Symphonie unter Notts energetischer und inspirierender Leitung.

 

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