„Mehr machen als ein paar nette Konzerte“
JAZZ & THE CITY / 10. bis 14. OKTOBER
03/10/12 Das wohlfeile Programmheft, beinah schon ein Druckwerk in Almanach-Umfang, signalisiert unmissverständlich: „Jazz & The City“ ist als so ambitioniertes wie besteingeführtes Musikfestival dabei, noch fester Tritt zu fassen. Schließlich ist der „Salzburger Jazzherbst“ bald mit Glanz und Gloria dahin…
Von Reinhard Kriechbaum
Es weint ja niemand, außer vielleicht den Touristikern, dem Jazzherbst wirklich eine Träne nach. Inga Horny und der Altstadtverband wissen die Gunst der Stunde jedenfalls zu nutzen.“Ich habe Jazz & The City gegründet, um dieser Musikform eine Chance zu geben“, sagt die Marketing-Leiterin der Innenstadtbetriebe. Die erklärte Jazz-Liebhaberin konstatiert erfreut, dass es „in Salzburg ein besonders lebendiges Publikum“ dafür gibt. Rund 35.000 Besucher sprechen dafür. Ab 2014, wenn Johannes Kunz mit seinem Jazzherbst zu Hinz und Kunz nach Grafenegg wird abgezogen sein, wird der Altstadtverband nicht nur die Stadt, sondern auch das Land als zusätzlichen Fördergeld-Geber an Bord haben.
Was also ab 2014 kommt: zwei Konzerte in der Felsenreitschule. Da wird man abweichen vom bisherigen Grundsatz des freien Eintritts, aber mit Preisen von 20 bis 40 Euro werde man, so Gerhard Eder, der künstlerische Leiter, „die Niederschwelligkeit gewährleisten“. Ein drittes Konzert in der Felsenreitschule wäre durchaus der Wunsch, ergänzt der Hotelier Andreas Gfrerer (er ist im Vorstand des Altstadtverbandes), aber dazu brauchte es noch mehr privates Sponsoring. Das kann ja noch werden in den nächsten beiden Jahren. Warum felsenreitschule und nicht Großes Festspielhaus? Das habe sie als Veranstaltungsort für Jazz nie überzeugt, sagt Inga Horny, Die Felsenreitschule als „größten Jazzkeller der Welt“, wie es Andreas Gfrerer keck formuliert – das hat ja was…
Von 10. bis 14. Oktober dauert das Festival heuer. Mit der Fünf-Tage-Spanne ist Gerhard Eder zufrieden, das sei inhaltlich und werbetechnisch gut so zu bewerkstelligen. Wichtig ist ihm, dass man nicht nur in der lokalen Szene tümpelt. „Internationale Musiker müssen einbezogen sein, und andere Spielräume zu den Cafés und Wirtshäusern dazu kommen.“ Deshalb etabliere man das republic als eine Art „Festivalzentrum“. Das Marionettentheater und das Landestheater kommen als Veranstaltungsorte diesmal hinzu. Dafür ist der Stieglkeller weggefallen. Ein paar Lokalitäten liegen außerhalb des strengen Altstadt-Kreises (etwa Stiegls Brauwelt oder das Werbnbacher und ein paar andere Lokale in der Neustadt). Fünf gastronomische Betriebe sind dazu gekommen, vierzig sind es jetzt.
„Mehr machen als ein paar nette Konzerte“, das ist für Gerhard Eder jedenfalls entscheidend. Jazz, World und Electronic Music sind der (weite) Rahmen, Rock und Pop sind dezidiert ausgeschlossen. Einige Premieren gibt es im Programm, fünf CD-Präsentationen. Die französische Kultband Bratsch eröffnet am 11. Oktober im republic das Festival, am selben Abend sind im republic die Saxophonistin Lakecia Benjamin, die ihr Österreich-Debüt feiert, und die Sofa Surfers zu Gast.
Für die Konzerte im republic braucht man ebenso Zählkarten wie für die Veranstaltungen im Landestheater und im Marionettentheater. Wo sonst die Puppen tanzen, lassen am 14. Oktober zur Mittagsstunde zuerst Gianluca Trovesi und Gianni Coscia „Round about Offenbach“ hören, dann spielt Wolfgang Muthspiel seinen Liedzyklus „Vienna naked“. Im Landestheater sind am selben Abend Paolo Fresu und A Filetta Corsican Voices zu Gast.
Biondi, Godard und Lucas Niggli beschäftigen sich mit neuen Formen alpiner Kammermusik, der Trompeter Ibrahim Maalouf mischt R&B Gitarrenriffs mit Balkan-Bassgrooves und arabische Viertelton-Melodien mit Heavy Metal Arrangements, Travel Image beschäftigen sich mit der Musik von Joe Zawinul und der deutsche Pianist und Sänger Jens Tomas und der finnische Trompeter Verneri Pohjola haben sich die patinierte Hardrock-Kombo AC/DC zur Brust genommen.
Die Reihe „Jazz Moments“ präsentiert spannende, innovative Projekte herausragender Musiker: So kommt der wohl wichtigste Schlagzeuger seiner Generation Jack Dejohnette mit einer All-Star-Band nach Salzburg und entführt der Trompeter Nils Petter Molvaer in eine Welt aus Fusion, Jazz, Rock, elektronischen Geräuschkulissen und Hip-Hop-Beats. Der Gitarrist Jean Paul Bourelly (Miles Davis, Pharoa Sander, D-Nice) trifft auf den Bassisten Darryl Jones (Rolling Stones) und den Schlagzeuger Will Calhoun (Living Colour, Public Enemy) und der Trompeter Enrico Rava entführt in eine musikalische Welt von großer Schönheit.
Am Freitag, 12. Oktober findet bereits zum zweiten Mal die Electronic Music Night in ausgewählten Locations wie republic, Soda Club oder Club Half Moon statt und auch die Reihe „Schräge Heimat & Andere Töne“ kommt nicht zu kurz.