Das Cello schnarrt, flüstert, seufzt, klagt, weint, betört
KULTURVEREINIGUNG / STAATSKAPELLE WEIMAR
26/04/12 Die Staatskapelle Weimar unter der Leitung des Schweden Stefan Solyom. Am ersten der drei Abende (Mittwoch, 25.4.) wurde im Großen Festspielhaus wurde durchaus angeregt musiziert und doch verbreitete der Abend gelegentlich eine Brise gepflegter Langeweile.
Von Christiane Keckeis
Eher lauwarm plätschert schon die einleitende Ouverture zu Szenen aus Goethes Faust dahin, ein bisschen brav, der gute Faust, von Mephisto kaum eine Spur, auch Schumanns zerrissene Emotion kommt nicht zum Tragen. Stefan Solyom ist kein Grenzgänger – das erweist sich schon zu Beginn des Programms, er leitet das Orchester zu weicher Artikulation, die gelegentlich eher schwammig gerät. Dynamisch agiert er im gesetzten Rahmen zwischen Piano und Forte, Differenzierung und Extreme vermeidet er weitgehend.
Im Mittelpunkt des Programms standen Schumanns Cello-Konzert und dessen Interpret Bruno Weinmeister. Schumann selbst durfte die Uraufführung des Werks zu seinen Lebzeiten nicht erleben, der virtuose Cellist Bockmühl, dem die Widmung galt, verweigerte sich dem Stück, er empfand es als teilweise „zu wenig klingend und melodiös“, „unpracktikabel geschrieben“ , es verlange einen „wilden Fingersatz“ und unspielbare Lagenwechsel . Der aus Salzburg stammende Cellist Weinmeister musiziert das Werk, das - wie Bockmühls Anmerkungen von 1852 schon andeuten - zu den technisch schwierigsten der Cello-Literatur gehört, mit eindrucksvoller Leichtigkeit und ohne Pathos. Er lässt sein Cello lebendig in allen Seelenfarben atmen, es schnarrt, flüstert, seufzt, klagt, weint, betört, haucht und fließt - und leuchtet die Facetten des Werkes aus. Die Staatskapelle Weimar begleitet sensibel in gut austarierter Balance, setzt musikalische Impulse und agiert, dem Solisten angemessen, wesentlich farbiger als zu Beginn. Berührend schön gerät das Duett von Solocello und der Ersten Cellistin, ganz innig und fein intoniert. Mit der Sarabande aus Bachs 1. Cellosuite bedankt sich Weinmeister beim begeisterten heimatlichen Publikum.
Elegant im besseren, seltsam unkonturiert im schlechteren Fall beginnt Dirigent Stefan Solyom den ersten Satz von Beethovens Eroica. Von Heldenglanz und dramatischer Spannung oft weit entfernt, fließt die Musik unprätentiös und bleibt dabei, dynamisch eher moderat, an der Oberfläche. Intensiver und spannender gerät der zweite Satz. In der dem Trauermarsch eingebetteten expressiven Fuge dürfen die Streicher mit harschen Bögen Akzente setzen, emotional werden – endlich einmal unelegant, aber ausdrucksstark. Intensive Momente gelangen auch in den folgenden Sätzen, beeindruckende Soli beispielsweise der Flöte und schöne Hornklänge ließen aufhorchen, die Transparenz im Orchester war erfreulich – der große gestalterische Bogen allerdings fehlte dieser Deutung der Beethoven- Symphonie.
Als Zugabe erklatschte sich das Publikum den ersten Ungarischen Tanz von Brahms – und bei allem europäischen Bemühen wurde doch ersichtlich, wie weit Schweden und Ungarn doch voneinander entfernt sind.