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Eine Lanze für die Moderne

KULTURVEREINIGUNG / SWEDISH RADIO SYMPHONY ORCHESTRA / DANIEL HARDING

15/05/17 Lässt sich ein positiver Eindruck noch steigern? Die Gäste aus Stockholm bewiesen zum Abschluss ihres dreitägigen Gastspiels unter Leitung von Chefdirigent Daniel Harding am Freitag (12.5.) im Großen Festspielhaus, dass auch Boulez als Vorspann zu Mahler publikumswirksam sein kann.

Von Horst Reischenböck

Zwischen 1967 und 1970 leitete Bruno Maderna, dessen Kompositionen kaum mehr zu hören sind, Dirigierkurse am Mozarteum. Vier Monate vor seinem unerwartet plötzlichen Tod im November 1973 stand der Italiener noch bei den Salzburger Festspielen vor dem ORF-Symphonieorchester. Auf dem Programm damals unter anderem ein Werk seines Kollegen Pierre Boulez. Ein Jahr darauf komponierte ihm dieser zum Gedenken ein „Rituel in memoriam“. Nun gelangte dieses aufwändige Opus durch das Swedish Radio Symphony Orchestra zur erfolgreichen Salzburger Erstaufführung.

Es galt, acht Gruppen über einen Raum hinweg aufzustellen: im Parkett und auf dem Rang Bläser, hinter einem zentralen Corps inmitten des Podiums 14 Gongs, zu beiden Seiten weitere Schlagwerk-unterstützte Formierungen und vor den Lamellen links wie rechts Streicher. In wechselndem Dialog und Zusammenklang schufen sie zu immer wieder auftauchenden Trauermarsch-Rhythmen die halbe Stunde eines durchaus nicht verstörend, eher beeindruckend emotionalen Freskos. Abgesehen von koordinierend steuernden Einsätzen als „Verkehrspolizist“ hatte Daniel Harding dabei wenig zu dirigieren. Verlangt doch die Vorlage des im Vorjahr verstorbenen Boulez mehrheitlich eine zwar in sich organisiert, aber dennoch vielfach dem Zufallsprinzip überlassene Ausführung. Sie verfehlte ihre Wirkung nicht und stieß bei den mit solch moderner Kost eher wenig vertrauten Kulturvereinigungs-Abonnenten auf erfreulich breite Zustimmung.

Es war der Vorspann zur groß dimensioniert albtraumhaften Fantasie der Fünften Sinfonie von Gustav Mahler. Das in sich dreiteilige Werk führt von der Tragödie eines inmitten exzellent musizierten, an böhmische Blasmusik erinnernden strengen Kondukts letztendlich in Regionen jubelnder Freude. Der düstere cis-Moll-Trauermarsch zu Beginn erschwert die Tonartbezeichnung jedoch, da der nachfolgend in unmittelbarem Zusammenhang, aber an 2. Stelle stehend eigentliche Kopfsatz von a-Moll ausgeht. Die schwedischen Gäste engagierten sich vom ersten Trompeteneinsatz vehement.

Den nach Mahlers Aussage „durchgekneteten“ 800 Scherzo-Takten – für den Komponisten der wichtigste Satz – war Harding genauso detailverliebter Sachwalter, überstrahlt vom prachtvoll glänzend geblasenem Solo-Horn. Das berühmte Adagietto, mit Zitat des Liebesblick-Motivs aus Wagners „Tristan“ an Alma adressiert, ließ Harding ziemlich breit nehmen. Ohne zuviel Sentiment fügte Harding nahtlos die skurril ironisch anhebende Fröhlichkeit des Finales an, in das der Wettstreit zwischen Kuckuck und Nachtigall aus den Wunderhorn-Liedern hinein tönt. Dem letzten freudigen Aufschrei des vollen Orchesters folgten spontane Bravo-Rufe.

Bild: www.askonasholt.co.uk

 

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