Der Selbstmord ist gewiss kein Ausweg
HALLEIN / BODI END SOLE / WITTGENSTEIN
19/11/13 Alle reden von Leopold Kohr oder von Robert Jungk. Dabei hat auch Ludwig Wittgenstein eine Zeitlang hier gelebt, in Oberalm. Das Theater „bodi end sole“ widmet ihm ein Stück.
Sommer 1918: Kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges vollendet der Wiener Philosoph Ludwig Wittgenstein sein Werk „Tractatus logico philosophicus“ in der Fischervilla in Oberalm. Wenige Monate zuvor war sein Freund und Geliebter David Hume Pinset bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Der schwer depressive Wittgenstein war mit 29 Jahren an einem Wendepunkt angekommen. Drei seiner sieben Geschwister hatten Selbstmord begangen, er selbst spielte mit dem Gedanken. Doch es kam anders: Wittgenstein wurde in Fachkreisen zu einem der bedeutendsten analytischen Philosophen, privat entwickelte er sich zu einem rigorosen Asketen und gläubigen Mystiker, der zeitlebens von Selbstzweifeln, innerer Zerrissenheit und Depression geplagt war. „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“, heißt es einmal im Tractatus logico philosophicus.
Vom emotional ausgehungerten Kind einer schwerreichen Unternehmerfamilie bis hin zu dem Mann, der sein Leben lang auf der Suche nach seinem Platz in der Welt war und es letztendlich schaffte, mithilfe der analytischen Philosophie seine eigene Ordnung herzustellen: Das also ist der Stoff, aus dem Christa Hassfurther ein Stück kompiliert hat mit dem Titel „Wittgenstein! Selbstmord ist immer eine Schweinerei“. In einer Art „work in progress“ hat sich die Halleiner Theatermacherin, deren Theater „bodi end sole“ in diesem Herbst das zwanzigjährige Bestehen feierte, gemeinsam mit drei Schauspielern (Mareike Tiede, Sebastian Krawczynski, Josef Eder) auf die Spuren dieser schillernden Persönlichkeit gemacht. Es ging um unterschiedliche Sichtweisen und spielerische Herangehensweise, wie man es auf ähnliche Art auch schon in Sachen Stefan Zweig unternommen hat. Diese Produktion hieß „Zweig.Stellen – Szenen einer Sehnsucht“.
Mit den Stäben, die anfangs seitlich in der Bühnenwand stecken und auf der die Schauspieler in verschiedenen Positionen sitzen und klettern, wird agiert - sie werden zu Familienmitgliedern, begleitenden Elementen in Bewegungs- und tänzerischen Szenen oder auch zu Waffen. Mit Texten Wittgensteins wird nicht nur verbal gespielt ; Biografisches erfährt man auch durch eine knall-bunte Quiz-Show.
Auch weniger bekannte Details über Ludwig Wittgenstein kommen an dem Theaterabend zur Sprache, so etwa seine Experimente mit Drachenflugobjekten, seine Ambitionen in Fragen der Architektur oder die Erfindung eines medizinischen Geräts. (bodi end sole/dpk)