Vom Zauber der Sommernacht
LANDESTHEATER / DAFNE
08/06/15 Das Touristenpärchen posiert am Fuße der Heldenstatue. Die Marmorfigur regt sich und guckt kritisch, ob sie auf dem Selfie wohl ebenfalls gut getroffen ist. Die Dame auf dem Sockel gegenüber ist nicht eitel: In ihrer Marmorbrust schlägt ein menschliches Herz und sie hilft der Menschenfrau, sich der immer zudringlicher werdenden Männer zu erwehren.
Von Heidemarie Klabacher
Das Wetter hat bei der Premiere am Sonntag (7.6.) mitgespielt, als seien die zuständigen Götter vom Regieteam in das Konzept eingebunden gewesen: Das dräuende Gewitter hat am Himmel über dem Heckentheater eine grandiose Farb-Licht-Schau abgezogen und die marmornen Tänzer Ton in Ton in ein überirdisches Licht getaucht, sich gegen das Ende hin dramatisch verdüstert – und mit Regen dankenswerterweise an sich gehalten.
Dafne ist ja eigentliche eine Nymphe. Sie lässt sich, vom seinerseits liebeskranken Gott Apoll sexuell belästigt, von ihrem Vater, dem Flussgott Peneios, in einen Lorbeerbaum verwandeln. Das ist im Wesentlichen auch schon der Plot im Dramma pastorale per musica „Dafne“ von Antonio Caldara auf das Libretto von Abbate Biavi.
Marco Dott hat in seiner virtuos gradlinigen Inszenierung für das Heckentheater auf Anspielungen auf göttliche und halbgöttliche Abstammungen des singenden Personals verzichtet, aber dafür jeder der vier Figuren eine Statue zugewiesen, die bei Bedarf zum Leben erwacht und vom Sockel steigt.
Vier Sänger und vier Tänzer sind also auf der Freiluftbühne. Die durchaus zeitlos aktuelle Handlung – Dafne will Single bleiben und lehnt beide Bewerber ab, den einen sofort, den anderen nach einigem Schäkern – wird durch den Tanz aber keineswegs nur verdoppelt.
Im Gegenteil: Die feine „klassische“ Choreografie von Josef Vesely bringt die mythologisch-märchenhafte Ebene des Ganzen subtil ins Spiel und sorgt durch ironische Brechung zugleich immer wieder für eine erstaunliche Dosis Witz.
Und die Sänger sind Salzburg Touristen, Selfie schießende und Date-Plattformen nutzende junge Leute von Heute - die Dafne von Hannah Bradbury und die ihre beiden Verehrer, der Febo des Countertenors Armin Gramer und der Aminta des Tenors Kristofer Lundin. Der Vater Peneo von Marcell Bakonyi sorgt sich durchaus um die emotionalen Verwirrungen seiner Tochter und bringt einen Sack Salzburg Devotionalien daher.
Das alles ist duftig und locker gesungen und gespielt und wird von einer hervorragenden Alte Musik-Abordnung des Mozarteumsorchesters unter der Leitung von Peter Ewaldt behutsam durch die Sommernacht getragen.
Ganz wesentlich zum Zauber des Abends tragen in der feinen Ausstattung von Bettina Richter die Tänzer bei - Anastasia Bertinshaw als Alter Ego der Dafne und ihre Kollegen Iure de Castro, Andrii Lytvynenko und von Josef Vesely (der Choreograph des Abends ist quasi in letzter Minute für den verletzen Vincenzo Timpa eingesprungen). Ein Abend so duftig wie eine Sommernacht.