asdf
 

Ankommen und weg müssen

BUCHBESPRECHUNG / SALZBURGER SCHICKSALSORTE

09/09/16 Schauen wir uns mal um im Salzburg des Jahres 1800: Die Schlacht auf dem Walserfeld (ungefähr beim heutigen Cineplexx Airport) gegen die Franzosen war für Österreich verloren gegangen. Salzburg war zwar noch eigenstaatlich, stand aber nicht isoliert da. Schwere Zeiten brachen an!

Von Reinhard Kriechbaum

Da hieß es beispielsweise in einer Stadt mit damals gerade 16.000 Einwohnern nicht weniger als 12.000 französische Soldaten einzuquartieren. Was heißt da heute schon „Flüchtlingskrise“! Auch Salzburger konnte es treffen: Nachdem die „Salzlecker“, die Protestanten im Pinzgau und Pongau, in einer Schenke in Schwarzach ihre Finger in Salz getaucht hatten, um ihre Glaubensstärke und ihr Zusammenhalten zu besiegeln, griff Erzbischof Leopold Anton von Firmian mit voller Härte durch. 1731/32 mussten 20.000 Salzburger Salzburg verlassen. Die Hilfsbereitschaft in protestantischen Landen war vergleichsweise groß, das Boot war nicht voll. Die Salzburger Exilanten wurden aufgeteilt, viele kamen ins vergleichsweise dünn besiedelte Ostpreußen.

Solche Geschichten tauchen immer wieder auf an den „Salzburger Schicksalsorten“. Die Trapps sind ins Exil getrieben worden, Fremde Arbeiter, die in Kaprun die Staumauern hochzogen, sind geblieben: Kaprun hatte vor dem Krieg siebenhundert Einwohner, zwanzig Jahre später waren es 2.500. Nicht nur „Venedigermandln“ als Handelnde zogen über den 2.634 Meter hohen Tauernpass zwischen Krimml und dem Ahrntal. In Bürmoos kamen Glasarbeiter aus halb Europa zusammen. „Franz der Franzose“ (eigentlich Francois Duclerq) war ein Bewohner von Leogang, den alle kannten. Das Leben von 123 Bewohnern von Schloss Schernberg wurde 1941 als „unwert“ eingestuft und sie kamen weg – bald wusste man, wohin.

All diese Geschichten, festgemacht eben an „Schicksalsorten“ , fanden sich zwischen 2011 und 2014 als Serie in den „Salzburger Nachrichten“. Wer hat noch nie solche Beiträge gerettet aus dem Altpapier, um die Folgen beisammen zu haben? Meist bleibt das Konvolut ungelesen, aber Barbara Brunner ist anders: Sie hat die Texte nicht nur gesammelt und gelesen, sondern sie nun als Herausgeberin auch zu einem Buch gemacht: „Salzburger Schicksalsorte“ eben – Geschichten, die eigentlich zu schade sind für den (Ein-)Tagesjournalismus. Weil Zeitungstexte, sind sie durchwegs gut zu lesen. Das Büchlein passt recht gut zum heurigen Gedenkjahr, in dem ja nicht wenig lokale und regionale Geschichte aufgearbeitet und verbreitet wird.

Bleiben wir doch noch ein wenig bei den Wander- und Fluchtbewegungen, die unser Land berührten: „Beth Israel“ (Haus Israel) nannten die hier untergebrachten jüdischen Flüchtlinge – sie waren auf dem Weg nach Palästina – ihre 21 Holzbaracken in Hallein. Wenige Jahre vor ihnen war hier noch eine SS-Einheit untergebracht gewesen. Heute bedeckt ein Riesenberg von Sägemehl und Holzspänen den Ort. Da versteht man gut, warum es solche Bücher wie dieses braucht.

Barbara Brunner (Hg.): Salzburger Schicksalsorte. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2016. 128 Seiten, 19.95 Euro – www.pustet.at

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014