„Aufi muaß i ...“

SALZBURG WIND PHILHARMONIC / HANSJÖRG ANGERER

07/01/24 Früher unter den Fittichen der Universität Mozarteum als Bläserphilharmonie beheimatet, hat sich die „Salzburg Wind Philharmonic“ als eigenständige Gesellschaft abgenabelt. Sie bleibt aber ihrer Tradition treu, die Fans am 6. Jänner vormittags im Großen Festspielhaus zu begeistern: Heuer mit einem Bukett an „Sträußen“ samt einem Bukett von Carl Maria von Weber.

Von Horst Reischenböck

Den ersten Teil des Programms dominierten schießwütige Novitäten. Den Strartschuss gibt Auf‘s Korn, der fetzige Bundesschützen-Marsch op. 478 von Johann Strauss Sohn im gekonnten Arrangement von Albert Schwarzmann. Ein Marsch, wie geschaffen für eine Fassung für Bläsersymphonik. Nach diesem schmissigen Einstand postierte sich ein Dutzend Musiker mit „Ringelschwanztrompeten“ – so die nicht ernst gemeint und weiland eher spöttische Bezeichnung für ventillose Parforcehörner – links vom Orchester. Bewundernswert, wie Dirigent Hansjörg Angerer sie für das Jagd-Anblasen von Josef Schantl und eine Handvoll historischer Jagdrufe zusammenweißte. Lupenreine Intonation inklusive.

In Webers Freischütz-Ouvertüre op. 7 mischten sich ungewohnte Saxophonklänge. Dies, nachdem der unheil-schwangere Beginn einmal mehr gleich durch unkontrollierte Huster empfindlich gestört worden war. Was Angerer übrigens auch später noch mehrmals finster ins Auditorium zürnen ließ. Wenn Blicke töten könnten.

Aber alles blieb friedlich. Durch die Wälder, durch die Auen entführten danach Johann Strauss Sohns Gedanken Aus den Bergen, seinem kaum je zu hörenden Walzer op. 292, ehe er sich zum Schluss der ersten vierzig Minuten in brüderlichem Zusammenwirken mit Josef und Eduard zur sechsteiligen Schützen-Quadrille verband.

Nach der Pause war dann Der große Brocken (so auch der Name eines Gebirges) angesagt. Hatte sich Angerer schon in der Vergangenheit mit dem Scherzo aus Anton Bruckners Romantischer oder, absolut überzeugend, auch mit Ludwig van Beethovens Fünfter und Sechster auseinander gesetzt, widmete er sich heuer Richard Strauss‘ Alpensinfonie. Verschiedenste Örtlichkeiten, wie etwa der Loser in Aussee, reklamieren für sich die Ehre, Inspiration für diese klingende Alm- und Berglandschaft gewesen zu sein. Ungeteilte Zustimmung fand das Werk nicht, Giacomo Manzoni, nannte es „eins der aufgeblähtsten und oberflächlichsten Werke“ aller Kompositionen von Strauss.

Sei‘s drum: Die Wirkung, die ihre Klangreize – auch ohne Geigen, Bratschen oder Celli zu vermissen – auf dem Auf- und Abstieg opulent entfachen, vermag unvoreingenommene Ohren auch heute noch zu überrumpeln. Vor allem, wenn an den Pulten Könner versammelt sind wie der erste Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker Wenzel Fuchs als Konzertmeister, der mit seinen Kollegen aus dem Anfang des an Richard Wagners Rheingold erinnernden Gewusels in der Tiefe zum Aufbruch blies. Dies wurde von den samtweich intonierenden Posaunen dann weiter aufwärts geführt. Ihm gegenüber brillierte als Anführer der Föten Bernhard Krabatsch aus Reihen des Mozarteumorchesters. Phänomenal auch die Soli der Oboistin Marie-Luise Modersohn und Yun Zeng am Horn. Wiener Philharmoniker Erwin Falk bediente souverän die Pauken vor den übrigen Schlagwerkern, unter denen, nach dem Kuhglocken-Gebimmel, Martin Grubinger als Gast von der akustisch etwas schwachbrüstigen Windmaschine in der Gewitterszene zum Glockenspiel und wieder zurück eilte.

Alles in Allem: Eine mehr als respektable „Inszenierung“ seitens des derzeit sicher mit Abstand besten heimischen Blasorchesters. Danach verneigte sich der ambitioniert leitende Hansjörg Angerer für Eingeweihte in gewisser Weise auch noch vor Wolfgang Amadé Mozart: Entlieh doch Strauß, der Vater, die Anfangsnoten zu seinem, als Draufgabe offenbar unvermeidlichen Radetzky-Marsch, aus der g-Moll Sinfonie KV 550. Der Marsch wurde – allen politischen Einwänden zum Trotz – auch im Großen Festspielhaus vom Publikum als Gelegenheit zum begeistertem Mitklatschen genutzt.

Korrektur: Aufgrund eines technischen Fehlers sind die zwei letzten Absätze dieser Besprechung bei der Veröffentlichung am 7. Jänner nicht online aufgeschienen. Sie wurden am 8. Jänner um 22.55 Uhr nachgetragen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
Bilder: www.salzburg-windphilharmonic.at