Romantik aus deutschen Händen

PHILHARMONIE SALZBURG / ELISABETH FUCHS

27/03/23 Die Dioskuren Mendelssohn und Schumann standen im Mittelpunkt bei der Philharmonie Salzburg unter Elisabeth Fuchs am Samstag (25.3.) in der Großen Aula. Die Akustik ist dort bekanntlich nicht ideal. Das selten gespielte Schumann-Violinkonzert war bei der Solistin Joanna Kamenarska bestens aufgehoben.

Von Horst Reischenböck

Wir haben es schon mal moniert... Es heißt weiter „friss, Vogel oder stirb“. Des Sparens an der Basis-Information kann aber auch zu viel sein. Statt eines informativen Programmheftes oder Folders reicht nach Meinung der Philharmonie Salzburg-Verantwortlichen ein einfallslos gestaltetes Blatt Papier, auf gerade noch Künstler- und Komponistennamen, Werke und Satzbezeichnungen stehen.

Nun gut. Im Fall von Felix Mendelssohn Bartholdys schottisch inspirierter Hebriden-Ouvertüre op. 26, dem Auftakt am Samstag (25.3.) in der Großen Aula, darf allgemeine Bekanntheit ja noch angenommen werden. Elisabeth Fuchs widmete sich impulsiv der elegischen Stimmung, wobei im vollen Einsatz der Holzbläser die Streicher mitunter fast ins Hintertreffen gerieten. Das schon vor dem dramatisch gesteigerten Höhepunkt inmitten.

Robert Schumanns spätes Violinkonzert d-Moll VWoo1 regte zum Nachdenken an. Es war der, zum Zeitpunkt des Entstehens, junge Virtuose Joseph Joachim, der später seine Zelte in Aigen aufschlagen sollte, der das Werk wohl wegen Schumanns Suizid-Versuch als schwach empfand und von einer posthumen Veröffentlichung abriet...

Hundert Jahre sollte das Manuskript unter Verschluss ruhen, doch die Nachfahren bewilligten 1936 eine Aufführung – zur Freude der damaligen Machthaber, die damit Mendelssohns beliebtes Gegenstück von den Konzertpodien verbannen konnten. Logisch auch, dass Yehudi Menuhin eine erste Ausführung untersagt wurde. Diese spielte Georg Kulenkampff unter Leitung von Karl Böhm. Wobei ausgerechnet der mit Aufführungsverbot belegte Paul Hindemith das Geigensolo bearbeitete, was erstmals der Salzburger Thomas Zehetmair 1989 dann korrigierte. Aber wer weiß all das schon? Was wird ohne Programmheft dem Publikum an spannender Hintergrund-Info nicht alles vorbehalten.

Jednefalls zählt das Schumann-Violinkonzert eher zu den Raritäten. Deshalb legte sich wohl Joanna Kamenarska, Preisträgerin beim Mozart-Wettbewerb 2002, die am Mozarteum bei Ruggero Ricci und Igar Ozim studierte, zur Sicherheit die Noten aufs Pult. Nach der vom Tutti energisch formulierten Einleitung schwelgte sie mit ihrer Guadagnini-Geige in den Kopfsatz hinein. Da wurde spontan applaudiert. Dann träumte die Solistin tonschön im lyrischen Andante und kämpfte sich erfolgreich durch die technischen Tücken der finalen Polonaise.

Verinnerlicht dann die Zugabe: Johann Sebastian Bachs Sarabande aus der Partita d-Moll BWV 1004, der übrigens Schumann eine Klavier-Assistenz verpasste. Mit atemloser Stille dankte das Publikum der Bulgarin, derzeit zweite Konzertmeisterin des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg. Wodurch sich der Kreis in Richtung Mendelssohn auch insofern schloss, als dieses Orchester vor dreißg Jahren erstmals dessen Italienische in der mutmaßlichen Zweitfassung von 1834 zur Diskussion stellte.

Das wär doch was für die Philharmonie Salzburg und Elisabeth Fuchs gewesen, anstatt zum Abschluss mit der gebräuchlichen Version einmal mehr auf Pfaden geringeren Widerstands zu wandeln. Diese gängige Fassung wurde sowieso erst jüngst vom Mozarteumorchester gespielt. Beides gehört, kein Vergleich, schon der Raum-Akustik wegen! Diese ist einfach im Großen Saal des Mozarteums haushoch besser, und das, obwohl Fuchs‘ Interpretation durchaus auch mit Feinheiten aufwartete, wie beispielsweise das kammermusikalisch fein ziselierte Con moto moderato.

Der Saltarello diente einmal nicht als Rausschmeißer. An seiner statt entließ eine verkürzte Wiederholung des Andante con moto nach pausenlosen anderthalb Stunden in die abendliche Dunkelheit

Bilder: www.massakonzerte.de / Hardy Brackmann
www.philharmoniesalzburg.at