Einladung zum Steinwurf

NEUMARKT / ORTE DES GEDENKENS

22/02/23 Seit Mai des Vorjahres ist Neumarkt der erste Ort des Gedenkens, eines Projekts des Landes Salzburg. Heute Mittwoch (22.3.) schlüpften Schülerinnen und Schüler der HAK Neumarkt in die Rolle von Historikern. Vermittlung ist ja ein wesentliches Element dieser Gedenkaktion für Widerstand im Nationalsozialismus.

Mit Reproduktionen von historischen Originaldokumenten und Fotografien haben sich die jungen Leute in die Biografie von Georg Rinnerthaler eingearbeitet. Wie die Biografie dieses Gastwirts aus Neumarkt zeigt, ging die Initiative zur Verfolgung und Vertreibung politisch Andersdenkender während der NS-Herrschaft oftmals von Menschen im eigenen Ort aus – auch von Nachbarn, Bekannten und in diesem Fall sogar von Verwandten.

Der Fall Georg Rinnerthaler eröffnet viele Anknüpfungspunkte für eine lokalgeschichtliche Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Im Bereich der Vermittlung arbeitet Orte des Gedenkens eng mit erinnern.at zusammen, das vom OeAD (Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung) durchgeführte Programm zum Lehren und Lernen über Nationalsozialismus und Holocaust.

„Es ist uns ein zentrales Anliegen, die Ergebnisse unserer historischen Recherchen und künstlerischen Auseinandersetzung mit Vermittlungsangeboten zu verknüpfen“, sagt Robert Obermair vom Projektteam Orte des Gedenkens und Salzburg-Koordinator von erinnern.at. „In Neumarkt haben wir dazu mit dem Museum Fronfeste eine lokale Partnerinstitution gefunden, mit der wir ein umfangreiches pädagogisches Angebot für Jugendliche und Schüler*innen realisieren konnten.“

„Die Beschäftigung mit der Vergangenheit ermöglicht Jugendlichen eine neue Perspektive auf das Hier und Jetzt“, so Jugendlandesrätin Andrea Klambauer „Es hilft, Zusammenhänge besser zu verstehen und schärft den Blick auf Entwicklungen und ihre Auswirkungen.“ Gerade deshalb komme der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und dem Widerstand einen wichtiger Stellenwert auch für junge Menschen zu.

Anschließend an das pädagogische Programm waren die Schülerinnen und Schüler noch zur Aktion Einwurf des bildenden Künstlers Bernhard Gwiggner eingeladen, die an Georg Rinnerthaler erinnert. In der Nacht nach seiner Rückkehr aus dem KZ Dachau nach Neumarkt im März 1939 schlugen örtliche Nationalsozialisten Fenster seines Hauses ein. Diesen Gewaltakt thematisiert Gwiggner. Die Schülerinnen und Schüler waren aufgefordert, eigens angefertigte Fenster mit Steinen einzuschlagen. Sie wechselten zwischen der position von Tätern und Opfer, also einmal vor und einmal hinter der Glasscheibe.

Eine Szene von der Verhaftung Rinnerthalers, überblendet von einem eingeschlagenen Fenster, ist als zentrales Motiv zudem an mehreren Stellen imn Neumarkt zu sehen – etwa auf Fahnen vor dem Stadtgemeindeamt und Plakatständern an der Stadteinfahrt.

Das Land Salzburg errichtet im Laufe von sechs Jahren in jedem politischen Bezirk Salzburgs einen Gedenkort, der an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus erinnern soll. Am 13. Mai beginnt die zweite derartige Initiative in Hallein. Dort erinnert man an Agnes Primocic, die mit ihrem mutigen Einsatz 17 KZ-Häftlinge rettet, darunter den späteren Halleiner Polizeichef. Sie engagierte sich für die Rote Hilfe, eine im Untergrund agierende Hilfsorganisation für die Familien von politisch Verfolgten, und saß später auch im Gemeinderat der Stadt Hallein. (Orte des Gedenkens)

Als letzte Veranstaltung in Neumarkt findet am 23. März 2023 ein Diskussionsabend mit zum Thema „Widerstand gestern und heute“ im Pfarrsaal Neumarkt statt – www.ortedesgedenkens.at
Bilder: Orte des Gedenkens
Zur Vorstellung des Kzunstprojekts in Neumarkt
Ein „Einwurf“ im Wortsinn