Ein Verführer zum genauen Musikhören

EHRUNG / ANDRÁS SCHIFF

17/08/23 Heuer im Dezember wird András Schiff siebzig Jahre alt. Ein Jubiläum hätte man schon im Vorjahr in Salzburg feiern können, denn 1982 debütierte der Pianist bei den Festspielen. Seit 41 Jahren tritt Schiff hier also auf.

Als einen „wesentlichen Künstler, der Festspielgeschichte mitgeschrieben hat, als einen der bedeutendsten Pianisten unserer Zeit und einen wirklichen Freund der Salzburger Festspiele“, würdigte Intendant Markus Hinterhäuser in einer Ansprache András Schiff am Tag nach dessen Solistenkonzert im Großen Saal des Mozarteums und überreichte ihm die Festspielnadel mit Rubinen.

Das Solistenkonzert war Schiffs 66. Festspielauftritt im Sommer (dazu kommen zwei Konzerte bei den Pfingstfestspielen). Schiff ist einer, der sich beharrlich dem Steinway-Standard verschließt. Der individuelle Klavierton ist ihm wichtig und der Bösendorfer das Seine. Am Dienstag (15.8.) spielte Schiff aber das Hommage á Leipzig übertitelte Programm auf einem Blüthner-Flügel aus dem Jahr 1859.

Geboren 1953 in Budapest, erhielt András Schiff den ersten Klavierunterricht im Alter von fünf Jahren. Seine Studien setzte er später an der Franz-Liszt-Akademie, u.a. bei György Kurtág fort. Er verbrachte mehrfach seine Sommerferien in England bei Verwandten. Dort schloss er Freundschaft mit dem rund 40 Jahre älteren Dirigenten und Cembalisten George Malcolm, mit dem er zusammen musizierte und der in ihm Verständnis für die Musik Bachs weckte. Schiff und Bach auf dem Klavier – eine Kategorie für sich.

In seinem ersten Festspielkonzert am 13. August 1982 spielte er gemeinsam mit Gidon Kremer Werke von Bach, Strauss, Schumann und Schubert. Mehrfach präsentierte er in Salzburg zyklische Aufführungen, etwa 1994 einen Mendelssohn-Brahms-Zyklus in wechselnder kammermusikalischer Besetzung, 1998 eine Robert Schumann gewidmete Reihe mit dem Titel Schumann, der Dichter oder 2015 im Rahmen dreier Konzerte Franz Schuberts letzte Klaviersonaten.

„Die markanten Festspielkonzerte Schiffs beruhen auf seiner persönlichen Musikauffassung. […] András Schiff hat in seinem Gesprächsbuch ’Musik kommt aus der Stille‘ die Frage nach den Merkmalen großer Interpreten beantwortet, die er zweifellos selbst verkörpert: Es sei diese ’Mischung aus Reflexion, manueller Meisterschaft, Abgebrühtheit und intellektueller Erfindungsfreude‘. In Salzburg hat er das Vermitteln genauen Musikhörens auf die Spitze getrieben.“ Das schrieb Wolfgang Schreiber in seiner Rezension eines der drei von Schiff im Jahr 2017 in Salzburg gespielten Solistenkonzerte. Und Jürgen Kesting charakterisierte Schiffs künstlerisches Wirken in Salzburg anlässlich dessen 2015 zyklisch dargebotener Interpretationen der letzten Klaviersonaten Franz Schuberts mit den Worten: „Selten ist ein solches pianistisches Hochamt zu erleben. Es sind dies die wahren Sternstunden der Festspielzeit“.

Von 1989 bis 1998 leitete Schiff die Musiktage Mondsee. Gemeinsam mit Heinz Holliger gründete er 1995 die Ittinger Pfingstkonzerte in der Kartause Ittingen.
1999 gründete er ein eigenes Kammerorchester, die Cappella Andrea Barca, die seither in jeder Salzburger Mozartwoche zu hören ist. 2012 wurde András Schiff die Goldene Mozart- Medaille der Internationalen Stiftung Mozarteum verliehen. Er ist Träger des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste und des Großen Verdienstkreuzes mit Stern der Bundesrepublik Deutschland. Ehrendoktorwürden erhielt er von der University of Leeds und vom Royal College of Music. 2014 wurde er von Königin Elizabeth II. für seine Verdienste um die Musik in den englischen Ritterstand erhoben. Seither ist er Sir.

Mit der Auszeichnung Festspielnadel mit Rubinen wurden Festspielkünstler wie Edith Clever, Christa Ludwig, Anne-Sophie Mutter, Christian Stückl, Jürgen Flimm, Riccardo Muti, Mariss Jansons, Daniel Barenboim, Franz Welser-Möst und zuletzt Wolfgang Rihm geehrt. (PSF / dpk)

Heute Donnerstag (17.8.) spielt Schiff gemeinsam mit Erich Höbarth und Christophe Coin im Großen Saal des Mozarteums Schuberts Trios für Violine, Violoncello und Klavier D 898 und 929 – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Nadja F. Romanini (1); Marco Borrelli (1)