An der Orgel – der Herr Bürgermeister

IM PORTRÄT / GEORG DJUNDJA

23/12/22 Selbst im Telefoninterview glaubt man Georg Djundjas Augen leuchten zu sehen, wenn er von den beiden Mooser-Orgeln aus der Mitte des 19. Jahrhunderts spricht, auf denen er regelmäßig spielt. Auf der einen in der Salzburger Gemeinde Ebenau, hat er von frühester Jugend an gespielt.

Von Reinhard Kriechbaum

„Die Rückführung dieses Instruments auf den originalen Bestand 2008 war mein erstes Projekt, als 23-Jähriger“, erzählt Djundja. „Damals haben wir sogar einen originalen Brief des Orgelbauers gefunden, der ins Gehäuse eingelegt war!“ Jetzt ist Georg Djundja Bürgermeister in Oberndorf bei Salzburg, und da hat er wieder die Restaurierung eines Instruments von dem Salzburger Orgelbauer Ludwig Mooser (1807-1881) im Auge.

Das noch spielbare Instrument steht in der Wallfahrtskirche Maria Bühel, die gerade restauriert wird. Die Gemeinde subventioniert dieses Unternehmen. „Oft wird bei Kirchensanierungen dann auf die Orgel vergessen“, sagt Djundja. Dass dem hier nicht so sein wird, da ist er als Bürgermeister und Organist vor. 2023/24, so hofft er, könne man dort zur Tat schreiten.

Ein SPÖ-Bürgermeister also an der Orgel, nicht die einzige „Verhaltensauffälligkeit“ von Georg Djundja. Mutter Religionslehrerin, Vater Sektenreferent in der Erzdiözese Salzburg – „ich bin in einen katholischen Haushalt hineingeboren“, berichtet der 39jährige. Akkordeon lernte er zuerst, dann Klavier. Als die Ebenauer Pfarrorganistin erkrankte, war es nahe liegend, dass er ob der schon vorhandenen Tasten-Kenntnisse von der Ministranten- auf die Orgelbank wechselte. „Mit dreizehn habe ich die ersten Messen gespielt.“

„Ein Kirchenmusikstudium wäre durchaus zur Diskussion gestanden“, sagt Georg Djundja. Dieses wäre damals an der Universität Mozarteum noch angeboten worden, aber das Berufsfeld erschien dem frischgebackenen Bautechnik-Ingenieur dann doch zu wenig aussichtsreich. So wurde das Orgelspielen für ihn letztlich „eine wunderbare Ergänzung zum fordernden beruflichen Alltag.“ Djundja wurde Leiter der sozialen Dienste beim Samariterbund Salzburg und begann bald auch seine politische Karriere. Er wurde Bezirksgeschäftsführer der SPÖ Flachgau. Berufsbegleitend studierte er Kommunikation und Management an der Donau-Universität Krems mit Studienaufenthalten in den USA an der University of Colorado und der Alaska Pacific University.

Seit fünf Jahren ist er Geschäftsführer der FSG (Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen) Salzburg. 2017 wurde er Vizebürgermeister, 2019 schließlich Bürgermeister von Oberndorf. „Ich werde nicht so sehr als SPÖ-Partei-Bürgermeister wahrgenommen“, erklärt er. „Denn es geht in der Gemeindepolitik nicht um Parteipolitik sondern um Menschen, die engagiert für die Gemeinde arbeiten.“

Dass der studierte Kommunikationswissenschafter gut mit Menschen kann – selbstverständlich? „Das kann man nicht lernen“, sagt Djundja und fügt ernst hinzu: „Ich lebe nach den christlichen Werten. Die Soziallehre der katholischen Kirche bildet für mich die Basis.“ Nicht, dass er deshalb immer einverstanden wäre mit der Haltung der Institution. Schließlich lebt er mit einem Mann in Partnerschaft. „Ich bin, wie ich bin“, bekräftigt Djundja. „Ich finde es gut und wichtig, wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen.“

Wer ihn kennt, wundert sich also nicht, dass Djundja vor einigen Monaten als erster homosexueller Blutspender in Salzburg in den Schlagzeilen war. Im Samariterbund war er zwischen 2010 und 2012 mehrere Male in Haiti im Einsatz, nach dem verheerenden Erdbeben dort. „Das war prägend für mein Leben, es hat mir geholfen, die westliche Welt mit anderen Augen zu sehen“, erzählt er. „Davon zehre ich heute noch.“ Djundja ist immer noch als Rettungssanitäter beim Samariterbund Salzburg tätig, er ist dort Landeseinsatzleiter.

Zurück auf die Orgelbank, diesmal jene an der „Stille-Nacht-Orgel“ in der Pfarrkirche Oberndorf. „Die Rieger-Orgel ist 1982 gebaut worden, heuer feiern wir ihr vierzigjähriges Bestehen.“ Hier also spielt Georg Djundja, im Team mit Christiane Sperling und Susanne Schlögl. Natürlich übernimmt er auch Gottesdienste in Maria Bühel und in seiner ehemaligen Heimat Ebenau. Zwei Mal also Ludwig Mooser, einmal Rieger, ein zweimaliges Werk mit 25 Registern und Schwellwerk.

Stichwort „Stille-Nacht-Orgel“: High Noon ist in Oberndorf, des Lieds „Stille Nacht“ wegen, am Heiligen Abend um 17 Uhr. Aber davon ist der Organisten-Bürgermeister verschont. „Wir gehen mit Franz Xaver Grubers Lied sehr verantwortungsbewusst um“, sagt er. Es erklinge hier (zumindest in der Pfarrkiche) wirklich nur zu Weihnachten, mit originaler Gitarrenbegleitung. „In der Christmette die vertrauten drei Strophen, in der Messe am Christtag alle sechs.“

In Sachen Franz Xaver Gruber drängt sich natürlich die Frage auf, ob Georg Djundja auch dort Orgel spielt, wo der Stille-Nacht-Schöpfer einst von 1808 bis 1829 als Volksschullehrer, Mesner und Kirchenmusiker wirkte, in der nahen Kirche Maria im Mösl neben dem heute ältesten noch genutzten Schulgebäude in Österreich. „Nein, Arnsdorf gehört nicht zu unserer Pfarre und die wahre Stille-Nacht-Gemeinde ist natürlich Oberndorf!“, so Djundja mit einem Augenzwinkern.

Bilder: Bernhard Rieger (3); Pfarre Ebenau (1)