Freischwimmen in Sachen Oper

KAMMEROPER SALZBURG / IMPROV NIGHT

23/02/23 Das Glück ist ungleich verteilt. Sagt man, über einen Schauspieler, er verstehe sich gut aufs Improvisieren, dann ist das ein Kompliment. Im Musiktheater gilt Improviseren eher als Makel. Dort soll gefälligst alles wie am Schnürl laufen. Die Kammeroper Salzburg unterläuft die Sache in ihrer Improv Night.

Originell ist nicht nur der Veranstaltungsort, der Living Room in der Bayerhamerstraße 18. Ungewöhnlich vor allem, wenn vor einer Opernaufführung weder Libretto noch Partitur bereit liegen, auswendig gekonnt oder wenigstens gut geprobt sind. Es geht hier eben um Improvisation auf mehreren Ebenen zugleich. Das Publikum denkt sich die Themen aus, und die Ausführenden, Sängerinnen und Sänger ebenso wie die Instrumentalisten mitsamt dem Dirigenten haben dann nur ein paar Minuten Zeit, um sich ein klein wenig abzustimmen.

Vor ziemlich genau einem Jahr sind der Dirigent Gordon Safari (im Hauptberuf Regionalkantor der Evangelischen Kirche Salzburg und Tirol und Promotor des Konzertprojekts BachWerkVokal), der Regisseur Konstantin Paul und der Bühnenbildner Michael Hofer-Lenz das erste Mal ins kalte Wasser gesprungen. Mitgenommen zum Freischwimmen in Sachen Oper haben sie die Vokalisten Electra Lochhead, Zsofia Szabo, Jakob Hoffmann und Jakob Mitterrutzner. Im Vorjahr bestand die instrumentale Improvisationsgruppe aus Geige, Trompete, Schlagzeug, E-Piano und Synthesizer (von diesem Ding aus hat Gordon Safari die Sache angeleitet).

Irgendwie hatten alle Beteiligten ja gewisse Melodiemuster und Klänge im Kopf, und so konnte sich die Sache schon mal in Richtung avantgardistisch verbrämtem Puccini bewegen. So gut umgesetzt, schrieb Gottfried Franz Kasparek danach in einer Rezension, könne das ein Weg sein, „auch opernfremdem oder skeptischem Publikum die Sache nahe zu bringen“.

Die Gaudi war jedenfalls nicht schlecht und ruft nun nach Wiederholung. Mal schauen, ob auch heuer wieder etwas rauskommt wie das herzzerreißende Liebesdrama im Gemüseregal eines Supermarkts: Ananas liebt Avocado, Banane sieht rot... Eine Banane musste damals übrigens auch herhalten als Schraube, nach der die Kundin im „Einkauf im Bauhaus“ verlangte. An einem solchen Abend müssen nicht nur die Ausführenden Kreativität zeigen, auch das Publikum ist herausgefordert und denkt sich hoffentlich Dinge mit einem gewissen Humor-Potential aus. (dpk-krie)

Aufführungen am 25. Februar um 19 Uhr und am 26. Februar um 16 Uhr im Living Room Salzburg (Bayerhamerstraße 18) – www.kammeropersalzburg.com
Bilder: Kammeroper Salzburg / Michael Hofer-Lenz (1); Filmstill RTS (1)
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